Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:EU will Migrationspolitik verschärfen

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Die Staats- und Regierungschefs wollen unerlaubte Einreisen verhindern. Kommissionschefin von der Leyen kündigt dafür zwei Pilotprojekte an. Umstritten ist das Thema Grenzzäune.

Wegen der starken Zunahme unerwünschter Migration will die Europäische Union die gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik verschärfen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Kollegen einigten sich beim EU-Gipfel in Brüssel darauf, illegale Einreisen möglichst von vornherein zu verhindern beziehungsweise unattraktiver zu machen. Dies soll etwa durch mehr Grenzschutz, schnellere Abschiebungen und einen verstärkten Kampf gegen Menschenschmuggler geschehen.

Notwendig seien sowohl die Kontrollen an den Außengrenzen als auch die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern, sagte Scholz. Die EU habe großen Bedarf an Fachkräften, weshalb auch legale Migration notwendig sei.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte an, dass es in einem ersten Schritt zwei Pilotprojekte geben solle. Eines sehe vor, die Grenze zwischen dem EU-Land Bulgarien und der Türkei etwa mit Fahrzeugen, Kameras, Straßen und Wachtürmen zu sichern. Diese sollten aus EU-Mitteln, dem bulgarischen Haushalt und Beiträgen der EU-Staaten finanziert werden. Bei dem zweiten Projekt soll es von der Leyen zufolge um die Registrierung von Migranten, ein schnelles Asylverfahren und um Rückführungen an der Außengrenze gehen. Einen möglichen Standort dafür ließ sie offen.

Auf der Tagesordnung stand das Thema vor allem deshalb, weil die Zahl der Asylanträge 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast 50 Prozent auf 924 000 gestiegen ist. Hinzu kamen etwa vier Millionen Geflüchtete aus der Ukraine, die kein Asyl beantragen müssen.

Politisch umstritten war vor dem Gipfel vor allem die Frage, ob künftig auch Zäune entlang der Außengrenzen aus dem EU-Haushalt finanziert werden sollten. Länder wie Österreich oder Griechenland fordern dies vehement, die EU-Kommission, Deutschland und Luxemburg sind dagegen. "Es wäre eine Schande, wenn eine Mauer in Europa gebaut würde mit den europäischen Sternen drauf", sagte Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel. In der Abschlusserklärung wird die EU-Finanzierung von Zäunen nicht genannt. Es heißt lediglich, dass EU-Mittel unter anderem für "Infrastruktur" an den Grenzen mobilisiert werden sollten.

Macron: ruhigere Stimmung als früher

Einig sind sich die EU-Staaten hingegen darin, dass mehr Druck auf Länder gemacht werden sollte, die bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber nicht kooperieren. Dies soll dazu führen, dass mehr Menschen ohne Bleiberecht die EU verlassen und so die teils stark überlasteten Asylsysteme entlastet werden. Zudem wollen die Mitgliedstaaten künftig gegenseitig Rückführungsentscheidungen anerkennen, um Abschiebungen zu beschleunigen.

Druck auf unkooperative Herkunftsstaaten wollen die EU-Staaten etwa über eine verschärfte Visa-Politik, die Handelspolitik und die Entwicklungshilfe machen. Zugleich sollen aber auch Möglichkeiten für legale Migration geschaffen werden.

Knackpunkt in der Asyl- und Migrationspolitik war früher lange die Frage gewesen, ob Schutzsuchende verpflichtend von allen EU-Staaten aufgenommen werden sollten. Länder wie Ungarn, Polen und Österreich lehnten derlei Quoten kategorisch ab. Mittlerweile konzentrieren die EU-Staaten sich eher auf Themen wie einen stärkeren Außengrenzschutz, bei denen es Gemeinsamkeiten gibt. Die oft emotionale Debatte soll versachlicht werden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte nach dem Gipfel, die Stimmung sei sehr viel ruhiger gewesen als noch 2018.

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