Süddeutsche Zeitung

Deutsch-russische Beziehungen:Maas und Lawrow wollen Atom-Abkommen retten

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Außenminister Heiko Maas (SPD) hat in Moskau mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow über das gefährdete Iran-Atomabkommen sowie die Krisen in Syrien und in der Ukraine beraten. Knapp zwei Monate nach der Vereidigung der neuen Bundesregierung ist es der erste Besuch eines deutschen Kabinettsmitglieds in Russland - durchaus heikel wegen teils deutlicher Vorwürfe im Vorfeld.

Im Anschluss an erste Gespräche lobte Maas nun bei einer gemeinsamen Pressekonferenz "umfassende, konstruktive" Beratungen. Es sei unbedingt nötig, permanent einen "aufrichtigen und belastbaren Dialog" zwischen Deutschland und Russland zu führen und "mit konkreten Ergebnissen" zu versehen.

Differenzen dürfe man allerdings nicht unter den Tisch kehren. Maas sprach auch äußerst kritische Punkte an. Zuletzt sei in Deutschland viel Vertrauen verloren gegangen, etwa durch die "völkerrechtswidrige Annexion der Krim", die Destabilisierung der Ukraine sowie den Fall Skripal, darüber habe man auch am Donnerstag "keinerlei Übereinstimmung erzielen können". Doch "auch das muss möglich sein", so der Politiker.

Bezüglich des Ukraine-Konflikts seien Waffenstillstand und Abzug schwerer Waffen Thema gewesen, man wolle sich deshalb unter anderem im sogenannten Normandie-Format in der Runde der Außenminister wieder treffen. Er plane, die Kollegen nach Berlin einzuladen, der Termin sei noch offen. Auch der Dialog zu Syrien werde fortgeführt, so Maas. Er freue sich "auf eine weitere, konstruktive Zusammenarbeit".

Lawrow: Atom-Abkommen mit Iran soll erhalten bleiben

Lawrow erklärte, Russland habe "ein Interesse an einer starken EU" als "konstruktivem und berechenbarem Partner". Nach der Aufkündigung des Atom-Abkommens mit Iran durch die USA müssten alle weiteren Beteiligten nun rasch Beratungen aufnehmen, "damit dieses wichtige Dokument aufrecht erhalten werden kann". Auf entsprechenden Austausch habe man sich soeben mit Deutschland geeinigt. Die derzeitigen militärischen Spannungen zwischen Israel und Iran seien beunruhigend - "alle Fragen müssen im Dialog gelöst werden", sagte Lawrow.

In Bezug auf die Ukraine seien sich die Minister im Grundsatz einig, das Minsker Maßnahmenpaket weiter umzusetzen, auch wenn man bei Details unterschiedliche Auffassung habe. Lawrow nutzte die Gelegenheit, um erneut die Aktivitäten westlicher Staaten in Syrien zu kritisieren, aber auch zu dieser Krise seien neue Konsultationen geplant. Maas' Besuch in Moskau sei insgesamt ein "hilfreicher Start in unserem persönlichen Verhältnis". Auf Nachfrage eines Journalisten betonte Lawrow, er habe beim Treffen mit seinem Amtskollegen "keine Feindseligkeit gespürt". Im Übrigen habe es noch nie 100 Prozent Übereinstimmung mit Deutschland gegeben, auch mit den Vorgängern von Maas nicht.

Zwischen "zunehmend feindseligem" Verhalten und Annäherung

Maas hatte gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen deutlich härteren Kurs gegenüber Russland eingeschlagen als sein Vorgänger und Parteifreund Sigmar Gabriel. So bezeichnete er Moskau als "Aggressor" und warf der russischen Regierung "zunehmend feindseliges" Verhalten vor. Nicht zuletzt in seiner eigenen Partei ist er wegen dieser Haltung stark unter Druck geraten. Vor seinem Abflug nach Moskau hatte Maas nun betont, man müsse das direkte Gespräch suchen: "Wir werden für die großen Krisen unserer Zeit, von Syrien bis zur Ostukraine, keine Lösung ohne die Einbindung von Russland finden"

Auch das russische Außenministerium hob vor dem Treffen Positives hervor. "Trotz der Sanktionen ist und bleibt Deutschland ein wichtiger Handels- und Wirtschaftspartner", hieß es aus dem Ministerium. Nach Angaben des russischen Zolls habe das Handelsvolumen mit Deutschland 2017 fast 50 Milliarden US-Dollar betragen, ein Plus von fast einem Viertel im Vergleich zum Vorjahr.

Deutsche Politiker von Regierung und Opposition hatten Maas vorab zur Annäherung mit Russland aufgefordert. Notwendig sei "eine gemeinsame europäische Politik mit Russland", da es "gemeinsame Interessen" gebe, sagte Unionsfraktionsvize Johann Wadephul der Welt. SPD-Fraktionsvize Achim Post sagte der Zeitung, bis auf die USA hätten "alle anderen Vertragsparteien des Iran-Abkommens ein gemeinsames Interesse, nämlich die mutwillige Zerstörung eines historischen Kompromisses" durch US-Präsident Donald Trump zu verhindern. Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour sagte dem Blatt, Maas habe in Moskau "die Aufgabe, die gemeinsamen Bemühungen um den Erhalt des Atomabkommens mit dem Iran voranzutreiben".

Der Außenminister bereitet mit seiner Kreml-Visite auch einen Besuch von Kanzlerin Angela Merkel in Russland vor, die am 18. Mai im Schwarzmeerort Sotschi von Präsident Wladimir Putin empfangen wird.

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