Süddeutsche Zeitung

CSU:Seehofers Frieden köchelt auf kleiner Flamme

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Von Wolfgang Wittl, München

Ein Grillabend Anfang Februar, das klingt zunächst etwas seltsam. Vielleicht ist es aber auch konsequent: Es gibt ja sogar in der CSU Menschen, die behaupten, ihre Partei habe die Kanzlerin über Monate mal auf kleinerer, mal auf größerer Flamme gegrillt. Warum also nicht auch jetzt, wenn die Präsidien von CDU und CSU in der Münchner Parteizentrale zusammenkommen?

In der CSU-Spitze würde man solche Unterstellungen natürlich empört zurückweisen. Seitdem der Parteivorstand Anfang der Woche einstimmig beschlossen hat, mit Angela Merkel in den Bundestagswahlkampf zu ziehen, ist die Marschrichtung unumkehrbar. Am Montag will Horst Seehofer die CDU-Vorsitzende zur gemeinsamen Kanzlerkandidatin ausrufen.

Dafür hat der CSU-Chef prompt einiges an Kritik aus den eigenen Reihen einstecken müssen. Vor allem jene, die mit Merkels Flüchtlingspolitik gebrochen haben und in Seehofer ihren Fürsprecher sahen, wenden sich enttäuscht ab. Auf Seehofers Facebookseite quoll die Kommentarspalte mit Beschimpfungen über, der CSU-Chef sei vor der Kanzlerin eingeknickt.

Der Grillabend mit gepflegten Getränken dient der persönlichen Annäherung

Der Gescholtene gab sich demonstrativ gelassen: Die CSU bleibe der Garant für eine Flüchtlingsobergrenze, sonst werde sie nicht in eine neue Regierung eintreten. "Dabei bleibt's", betonte Seehofer. Außerdem wolle er sich gar nicht die Reaktionen vorstellen, wenn die CSU nicht mit Merkel in den Wahlkampf ginge. Tatsächlich wären die Proteste dann noch heftiger ausgefallen, die Union wäre gespalten gewesen wie nie.

Dass der Tag, an dem sich die CSU für oder gegen Merkel entscheidet, zu Verletzungen führen würde, war also jedem in der Parteispitze klar. Kritiker bescheinigen Seehofer zwar, das Spektrum zwischen Merkel und AfD besser abzudecken als jeder andere in der CSU. Sie werfen ihm allerdings vor, viele AfD-Sympathisanten erst durch seine persönlichen Angriffe auf die Kanzlerin bestärkt zu haben.

Davon dürfte am Sonntagnachmittag, wenn sich die Unionsspitze im Münchner Norden zu ihrer Friedensklausur einfindet, keine Rede mehr sein. "Zukunftstreffen" heißt die Veranstaltung offiziell, gemeint ist die Zukunft des Landes - und wie die Union sie zu gestalten gedenkt. Noch mehr aber wird es darum gehen, wie sich CDU und CSU trotz des Zoffs in den vergangenen Monaten in Zukunft glaubwürdig aufeinander zu bewegen.

Das Programm beginnt unverfänglich mit einem Rückblick auf die Deutschlandkongresse beider Parteien im vergangenen Jahr. Und genauso harmlos geht es weiter. In einer sogenannten Kreativdiskussion soll eher Grundsätzliches gewälzt werden. Die Detailarbeit, die im Sommer in ein Wahlprogramm münden soll, bleibt in den nächsten Wochen den Arbeitsgruppen vorbehalten.

Auch die SPD und die guten Umfragewerte für deren Kanzlerkandidaten Martin Schulz dürften ein Thema sein; die Aussicht auf ein rot-rot-grünes Bündnis soll die Union politisch zusammenschweißen. Der Grillabend mit gepflegten Getränken wiederum dient - wie bereits beim Treffen im Sommer in Potsdam - der persönlichen Annäherung. Potsdam habe stattgefunden, um überhaupt wieder ins Gespräch zu kommen, sagt ein damaliger Teilnehmer.

München soll helfen, die Atmosphäre zu verbessern. Mehr als ein gemeinsames Papier, wie sich die Union definiert, ist daher kaum zu erwarten. In der Präsidiumssitzung am Montag stehen die Berichte der Vorsitzenden sowie ein Austausch über die nächsten Landtagswahlen und Europa an. Über Merkels Kanzlerkandidatur wird beim Thema Bundestagswahlkampf gesprochen - immerhin nicht beim Tagesordnungspunkt fünf, Verschiedenes.

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Quelle:
SZ vom 04.02.2017
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