Süddeutsche Zeitung

Corona-Pandemie:"Noch mindestens zehn harte Wochen"

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Kanzlerin Merkel lädt zu einem Impfgipfel, Gesundheitsminister Spahn warnt aber vor zu hohen Erwartungen.

Von Nico Fried, Berlin

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechnet noch bis Anfang April mit einem Mangel an Impfstoff gegen das Coronavirus. Wegen der Knappheit gehe man "noch durch mindestens zehn harte Wochen", schrieb Spahn am Donnerstag auf Twitter. Zugleich beugte sich der Gesundheitsminister massivem Druck des Koalitionspartners SPD und erklärte sich zu einem Impfgipfel bereit. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werde am Montag mit den Ministerpräsidenten der Länder "zu einem Impfgespräch zusammenkommen", kündigte ein Regierungssprecher an. An der Videokonferenz sollen neben den zuständigen Bundesministern auch Vertreter von Impfstoffherstellern und Verbänden teilnehmen.

Sozialdemokratische Ministerpräsidenten, die SPD-Fraktion, aber auch die FDP hatten angesichts der Probleme bei der Versorgung mit Impfstoff wiederholt ein Spitzengespräch gefordert, um mehr Klarheit über den zu erwartenden Verlauf der Impfungen zu schaffen. Laut Spahn soll nun zum einen über "die Lage, die Ziele, das weitere Vorgehen, auch damit Europa seinen fairen Anteil erhält", gesprochen werden. Zum anderen soll mit Vertretern der Pharmaindustrie der Ausbau der Herstellungskapazitäten erörtert werden. Auch die EU-Kommission solle vertreten sein, ergänzte Spahn später.

Der Minister warnte aber vor zu hohen Erwartungen. Er wolle nicht, dass der Eindruck entstehe, die Politik veranstalte einen Gipfel "und dann ist nach zwei Wochen alles prima". Weder ein Impfgipfel, noch "tägliche Interviews von wem auch immer" würden es schaffen, "dass etwas so Komplexes wie Impfstoffproduktion auf einmal binnen zwei Wochen zu Hunderten oder zig Millionen stattfindet", sagte Spahn. "Das ist einfach die Wahrheit."

Führende SPD-Politiker wie Generalsekretär Lars Klingbeil und der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Carsten Schneider, hatten Spahn zuletzt für die schleppende Impfkampagne in Deutschland mitverantwortlich gemacht und ihm vorgehalten, Vertrauen in die Politik zu verspielen. Spahn machte deutlich, dass er die Probleme nicht nur im Mangel an Impfstoff sehe, sondern auch in der Organisation der Impfungen, die den Ländern obliegt. Es habe nicht nur ein Thema "Anlass für Verärgerung oder Frust" gegeben, so Spahn.

Immer neue Schwierigkeiten beim Impfprozess

Der Impfprozess in Deutschland wird unterdessen von immer neuen Schwierigkeiten begleitet. So zeichnet sich ab, dass die Ständige Impfkommission (Stiko) davon abraten wird, den Impfstoff von Astra Zeneca bei Menschen einzusetzen, die älter als 64 Jahre alt sind. "Zur Beurteilung der Impfeffektivität ab 65 Jahren liegen aktuell keine ausreichenden Daten vor", schrieb die Stiko im Entwurf einer Impfempfehlung. Von 341 Geimpften aus dieser Altersgruppe habe sich zwar nur einer mit dem Coronavirus infiziert. Da die Zahl der Probanden aber zu gering sei, lasse sich daraus keine statistisch belastbare Aussage ableiten.

Die Stiko wird ihre Entscheidung zu diesem Impfstoff aber erst treffen, nachdem die Europäische Medizin-Behörde (EMA) am Freitag über die Zulassung entschieden hat. Spahn warnte davor, den Impfstoff generell in Zweifel zu ziehen. Es gehe bei Astra Zeneca "nicht um schlechte Daten, sondern um weniger Daten" in der Altersgruppe ab 65 Jahren. Dennoch sei ein Impfstoff in den Altersgruppen, für die er zugelassen werde, auch wirksam, "sonst würde er nicht zugelassen", so Spahn.

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