Süddeutsche Zeitung

Corona:Lauterbach will Impfpflicht spätestens im Mai

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So könnten Betroffene bis Herbst drei Dosen erhalten. Widerstand kommt von den Kassenärzten.

Von Henrike Roßbach

Die Zahl der registrierten Corona-Neuinfektionen hat einen neuen Tageshöchstwert erreicht. Am Mittwoch meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) 112 323 Neuinfektionen, womit erstmals die Marke von 100 000 überschritten wurde. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 584,4 neue Fälle je 100 000 Einwohner - ebenfalls ein Rekord.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rechnet damit, dass die Omikron-Welle ihren Höhepunkt Mitte Februar erreichen wird. Er erhöhte zugleich den Druck in Sachen allgemeiner Impfpflicht: "Wenn wir einen Antrag machen wollen, der noch funktioniert, dann setzt er die Impfpflicht im April in Kraft, vielleicht im Mai", sagte er dem Fernsehsender RTL mit Blick auf die mögliche nächste Welle im Herbst. Wer noch nicht geimpft sei, müsse drei Impfzyklen durchlaufen, dann sei man schon im September oder Oktober.

Die Impfpflicht-Abstimmung im Bundestag soll fraktionsübergreifend stattfinden; allerdings liegt bislang nur ein Gruppenantrag gegen eine allgemeine Impfpflicht vor. Gearbeitet wird noch an einem Antrag für eine Impfpflicht für alle Erwachsenen und an einem weiteren für eine Impfpflicht nur für Ältere. Für Mittwoch ist eine Orientierungsdebatte geplant, die Entscheidung dürfte nicht vor März fallen.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hat allerdings schon jetzt erste Stoppschilder für die Umsetzung einer möglichen Impfpflicht gesetzt: "Wir werden unseren Ärzten nicht zumuten, eine Impfpflicht gegen den Willen der Patienten zu exekutieren", sagte er. Die Praxen seien kein Ort, "um staatliche Maßnahmen durchzusetzen". Auch eine Pflichtberatung komme nicht infrage.

Lauterbachs Sprecher nannte die Äußerungen Gassens "unverständlich, um es vorsichtig zu formulieren". Es stehe noch gar nicht fest, wie eine Impfpflicht umgesetzt werde. "Von Zwangsimpfungen habe ich jedenfalls noch nichts gehört."

Mit Blick darauf, dass der Genesenenstatus seit dem Wochenende nur noch drei statt wie bisher sechs Monate lang gilt, machte der Ministeriumssprecher deutlich, dass es keinen "Bestandsschutz" für ältere Genesenennachweise gebe. Viele Genesene hätten sich aber ohnehin auch impfen lassen, zudem könne die neue Regelung auch als "Anreiz" gesehen werden, sich impfen zu lassen. Relevant ist der Genesenenstatus wegen der 2-G-Regel, die vielerorts gilt. Wer "nur" genesen ist, erfüllt diese Zugangsvoraussetzung jetzt schon nach drei Monaten nicht mehr.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief unterdessen dazu auf, im Streit über die Corona-Maßnahmen nicht den radikalen Kräften das Feld zu überlassen. Die große Mehrheit handele solidarisch und verantwortungsvoll. "Nur fürchte ich, diese Mehrheit darf nicht still bleiben, wenn Extremisten die Axt ans demokratische Urvertrauen legen."

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