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Nach Wahldebakel:CDU-Parteitag soll kompletten Vorstand neu wählen

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Die Aufarbeitung der Wahlniederlage müsse "brutal offen" geschehen, sagt Generalsekretär Ziemiak. Die CDU-Kreisvorsitzenden sollen ein Verfahren für die Suche nach einem neuen Parteichef vorschlagen.

Die CDU plant nach ihrem historischen Desaster bei der Bundestagswahl ein Treffen der Kreisvorsitzenden am 30. Oktober. Danach soll im Bundesvorstand entschieden werden, wie die Basis eingebunden wird. Das teilt CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak während einer Pressekonferenz nach den Gremiensitzungen der Partei mit. Geplant ist dann ein Sonderparteitag zur inhaltlichen und personellen Neuaufstellung. Auf dem Parteitag soll nicht nur der Vorsitzende, sondern der gesamte Vorstand und das gesamte Präsidium neu gewählt werden. Der Beschluss ist laut Ziemiak einstimmig gefallen.

Am 2. November will der Bundesvorstand darüber entscheiden, wie die Partei in Zukunft mehr Mitgliederbeteiligung sichern kann und wann der Parteitag stattfinden soll. Der Termin hänge davon ab, ob die Kreisvorsitzenden und das Präsidium sich für eine Mitgliederbefragung aussprechen oder nicht. Angepeilt werde aber die Jahreswende.

Fest stehe nach dem Wahldebakel aber auch, dass sowohl das Wahlergebnis als auch der Wahlkampf aufgearbeitet werden müssen. "Alle Themen müssen auf den Tisch", betont Ziemiak. Die Aufarbeitung müsse "brutal offen" geschehen, denn mit Sicherheit sei im Wahlkampf nicht alles prima gelaufen. "So sehe ich es ganz persönlich. Man kann nach so einem Ergebnis nicht zur Tagesordnung übergehen."

Für die Analyse seien unter anderem Gespräche mit jenen geplant, die Wahlkreise gewonnen hätten, um Erfolgsrezepte zu diskutieren und zu vertiefen. "Aber wir wollen auch mit denjeniegen reden, die nicht die Wahlkreise gewonnen haben, um zu hinterfragen, an welcher Unterstützung es aus Berlin gefehlt hat." Dazu sollen alle Landesverbände und einzelnen Vereinigungen gehört werden.

Auch Externe sollen miteinbezogen werden und dabei helfen, inhaltliche Debatten mit Blick von Außen zu konkretisieren. Ziemiak kündigt vor dem Hintergrund der schlechten Ergebnisse, die die CDU im Osten Deutschlands eingefahren hat, auch eine gesonderte Ost-Konferenz der Partei an.

Mit einer grundlegenden Aufarbeitung will Ziemiak eine solide Grundlage dafür schaffen, dass der neue Bundesvorstand die Partei in Zukunft inhaltlich richtig aufzustellen kann. "Von diesem Geist war heute die Sitzung des Bundesvorstands geprägt."

Unionskanzlerkandidat Armin Laschet hatte am Donnerstag angekündigt, er wolle den Erneuerungsprozess moderieren und den Gremien zur Neuaufstellung einen Parteitag vorschlagen. Laschet stellte dabei eigene Ambitionen bei einer personellen Neuaufstellung und auch für mögliche weitere Verhandlungen mit Grünen und FDP über ein Jamaika-Bündnis zurück. Einen Termin für einen Rückzug von der Parteispitze nannte er aber nicht. Laschet dürfte darauf hoffen, dass doch noch eine Machtoption besteht, falls sich SPD, Grüne und FDP bei den Verhandlungen über eine Ampel-Regierung zerstreiten.

Unter anderem der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor hatte vor den Beratungen am Montag auf eine Beteiligung der Mitglieder bei einer Neuaufstellung der Parteispitze gedrängt. Nach den zurückliegenden Entscheidungen zu Vorsitz und Kanzlerkandidatur sei es wichtig, Parteibasis und Parteiführung zusammen zu denken, damit es nicht zu einer "Legendenbildung" komme, hatte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk gesagt. "Klar ist, die Parteibasis muss jetzt beteiligt werden." Man könne es sich nicht leisten, im Takt weniger Monate die Vorsitzenden auszuwechseln. "Wir brauchen jetzt eine Lösung, die breite Akzeptanz findet." Der Bundesvorstand müsse eine Entscheidung treffen, wie das Verfahren aussehen könne. Es gebe verschiedene Möglichkeiten.

Mehrere Spitzenpolitiker hatten zuletzt eine Mitgliederbefragung zum künftigen Parteivorsitz gefordert. Andere führende CDU-Politiker halten eine solche Befragung für problematisch, da sie bei einem unklaren Ergebnis Anlass für weitere Spaltung sein könnte. "Die CDU Deutschland hat kein besseres Organ, um die Basis zu berücksichtigen, als den Parteitag", sagte beispielsweise Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble.

Als mögliche Kandidaten für Laschets Nachfolge im Amt des CDU-Parteichefs gelten unter anderen Gesundheitsminister Jens Spahn, der Außenexperte Norbert Röttgen, Wirtschaftsexperte Friedrich Merz und Fraktionschef Ralph Brinkhaus.

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