Süddeutsche Zeitung

Brexit-Debatte im Unterhaus:"Alter Wein in neuen Schläuchen"

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Die britische Premierministerin Theresa May hat bei einer Fragestunde im Unterhaus ihren neuen Brexit-Plan - einen "Zehn-Punkte-Plan" zum Verlassen der EU - verteidigt. Der Plan gilt als ihr letzter Versuch, den Deal mit der EU doch noch als Premierministerin durchzusetzen. Ihre Rede hielt sie auch vor dem Hintergrund immer lauter werdender Rücktrittsforderungen und der Diskussion um ein zweites Referendum.

Die Regierung müsse das Versprechen einhalten, welches sie der Bevölkerung gegeben habe. "Wir müssen den Brexit durchziehen", sagte sie. Deshalb wolle sie den Abgeordneten Anfang Juni ihre Pläne ein viertes Mal vorlegen, nachdem die bisher ausgehandelten Deals alle abgelehnt wurden.

Sie habe sechs Wochen mit der Opposition gesprochen. Für das Scheitern der Verhandlungen machte sie Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour Party verantwortlich, der die Gespräche beendet habe.

Würde ihr Zehn-Punkte-Plan angenommen, so würde eine monatelange bittere Diskussion beendet, die die Politik polarisiert habe. Würde ihr "New Deal" abgelehnt, bliebe nur Spaltung und die offene Frage, ob es einen harten oder gar keinen Brexit gebe.

Die Chancen des Brexit seien groß, so May, und die Folgen seines Scheiterns ebenfalls. "Wir können natürlich so tun, als wäre es anders, aber letztlich ist es unsere Aufgabe, eine Entscheidung zu fällen und uns nicht davor zu drücken."

Würde der Deal aber angenommen, würde Großbritannien "eine helle Zukunft" erwarten, in der britische Jobs geschützt wären. "Die Menschen wollen Garantien", sagte May und versicherte, wenn dieses Gesetz durchginge, würden die Rechte der Arbeitnehmer nicht hinter denen zurückstehen, die für Arbeitnehmer in der EU gelten. Der Warenverkehr mit der EU sei gewährleistet, das Umweltschutzniveau würde nicht sinken.

"Ich bin gegen ein neues Referendum"

Zu einer zweiten Befragung der Bevölkerung sagte May: "Ich bin gegen ein neues Referendum." In den Augen der Bevölkerung würde es kein gutes Licht auf die Demokratie werfen, wenn noch einmal über den Brexit abgestimmt werde, "nur weil dem Parlament der Ausgang des ersten Referendums nicht gefällt". Es gebe aber auf beiden Seiten im Parlament starke Gefühle. Deshalb sollten die Abgeordneten nun zuerst der Vertrag verabschieden und dann darüber entscheiden, ob es ein zweites Referendum und eine zeitlich befristete Zollunion mit der EU geben soll. Die Gesetzesvorlage soll am Freitag veröffentlicht werden.

Zur Diskussion über einen möglichen Rücktritt sagte May, dass es vielleicht demnächst einen anderen Premier gebe. Aber "solange ich hier stehe, habe ich die Pflicht, die Fakten klar darzulegen".

Oppositionsführer Corbyn fand Mays Ausführungen erwartungsgemäß nicht überzeugend. Er kritisierte den Zehn-Punkte-Plan als "alten Wein in neuen Schläuchen" und als zusammengeschrumpftes Angebot, durchzogen von Wunschdenken, das niemanden zufriedenstelle. Vor allem wies er auf Punkte in Mays Plan hin, die von der EU schon abgelehnt wurden.

Corbyn wiederholte seine Forderung nach Neuwahlen. "Unser Land braucht eine Führung, die uns zusammenbringt", sagte er. Diese Premierministerin sei dafür nicht die geeignete Person. Schließlich habe sie bislang lediglich versucht, ihre eigene Partei zusammenzuhalten - und auch damit sei sie gescheitert.

Weitere Abgeordnete von Labour, aber auch Vertreter der nordirischen Democratic Unionist Party und einige Brexit-Hardliner unter den Tories äußerten Kritik am neuen Plan. Tim Farron von den Liberal Democrats kündigte dagegen an, er würde Mays "New Deal" unterstützen - wenn sie festlegen würde, dass es ein zweites Referendum gebe.

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