Süddeutsche Zeitung

Brexit:May und Merkel müssen ausloten, wo es klemmt

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Von Daniel Brössler, Berlin

Wenn die britische Premierministerin Theresa May an diesem Dienstag vor dem Kanzleramt in Berlin ohne Zwischenfälle ihrer Limousine entstiegen sein wird, kann es eigentlich nicht mehr so schlimm kommen. Jedenfalls nicht so schlimm wie im vergangenen Jahr, als May an einem regnerischen Dezembertag bei Merkel vorfuhr - und die Tür klemmte.

May war nach Berlin gekommen, um vor einem damals schon für entscheidend gehaltenen EU-Gipfel für Zugeständnisse zu werben, die ihren Brexit-Deal doch noch durchs Londoner Unterhaus bringen würden. Gebracht hat das nichts, und geblieben ist von dem Treffen vor allem das Bild einer Premierministerin, die einfach nicht rauskommt.

Selbst wenn May diesmal unangenehme Bilder erspart bleiben sollten, dürfte die Stippvisite vor dem Sondergipfel am Mittwoch ihre Lage kaum durchschlagend ändern. Es gebe "gute Gründe, in einer so schwierigen und auch brisanten Situation wie der, in der sich Großbritannien und die EU-27 jetzt wenige Tage vor dem Erreichen einer ersten Frist befinden, miteinander zu reden", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag.

Zugleich machte er aber auch klar, Deutschland sei "immer sehr, sehr wichtig, dass die Einigkeit dieser 27 im ganzen Diskussionsprozess über die Folgen des britischen Referendums gewahrt bleibt". Er verwies darauf, dass die Entscheidung über die von May beantragte abermalige Verschiebung des Austrittstermins einstimmig fallen muss.

Das beschreibt die Gratwanderung sowohl für May wie für Merkel. Einerseits wären Sonderabsprachen zwischen beiden angesichts der nötigen Einstimmigkeit sinnlos und sogar kontraproduktiv, andererseits kommt Merkel im Europäischen Rat als dienstältester Regierungschefin, die zudem die größte Volkswirtschaft vertritt, durchaus eine Sonderrolle zu. Merkel hat wiederholt betont, dass sie "bis zur letzten Stunde" verhandeln will, um einen Austritt ohne Deal zu verhindern. Damit gehört sie im Kreis der Staats- und Regierungschefs zu jenen, die zumindest nach eigenem Bekunden die Geduld mit den Briten noch nicht verloren haben.

Diesem Lager gehört der französische Präsident Emmanuel Macron eindeutig nicht an, den May nach dem Treffen mit Merkel in Paris besucht. Wenn Großbritannien "fast drei Jahre nach dem Referendum nicht in der Lage ist, eine Lösung zu präsentieren, die von einer Mehrheit unterstützt wird", habe es faktisch selbst einen "No Deal"-Exit gewählt, hatte Macron vergangene Woche gesagt.

Als wahrscheinlich gilt auch in Berlin allenfalls eine kurze Verlängerung bis 22. Mai - also bis vor der Europawahl. Von einer Verlängerung bis Ende Juni wie von May erbeten oder gar um ein Jahr wie von EU-Ratspräsident Donald Tusk ins Spiel gebracht, hält man wenig. Bisher seien die EU-27 immer einig geblieben, betonte Seibert. Man werde "das Unsere dazu beitragen, dass dies auch am Mittwoch der Fall sein wird".

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Quelle:
SZ vom 09.04.2019
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