Süddeutsche Zeitung

Umbruch in der CDU:Schröder empfiehlt Merkel die Vertrauensfrage

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Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder hat seiner Nachfolgerin Angela Merkel empfohlen, die Vertrauensfrage zu stellen. "Die Vertrauensfrage ist für jeden Kanzler eine Möglichkeit, Gefolgschaft zu erzwingen. Ich würde es an ihrer Stelle heute machen", sagte Schröder der Rheinische Post. Der SPD-Altkanzler sieht einen dramatischen Machtverlust bei Merkel, nachdem sie angekündigt hat, nicht erneut für den CDU-Vorsitz anzutreten. Den Schritt nannte Schröder einen "Fehler".

Merkel hatte immer daran festgehalten, dass Parteivorsitz und Kanzlerschaft zusammengehören und dabei auf die Erfahrungen Schröders verwiesen. Schröder hatte das Instrument der Vertrauensfrage zweimal genutzt. Einmal im Jahr 2001, um sich die Gefolgschaft der Abgeordneten für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zu sichern. Und einmal im Jahr 2005. Diese Abstimmung hatte Schröder angesetzt, um sie nach einer Schlappe für die SPD bei der Landtagswahl in NRW absichtlich zu verlieren. Ein Jahr zuvor hatte Schröder den Parteivorsitz an Franz Müntefering abgegeben.

Die Arbeitsteilung zwischen Bundeskanzleramt und Parteivorsitz könne in der SPD sinnvoll sein, in der CDU aber nicht. "Die CDU ist eine Partei, die auf Machterhalt setzt und sich danach ausrichtet. Da ist für einen Regierungschef der Parteivorsitz wichtig", argumentierte Schröder. Es gebe nun "eine Gefahr von Neuwahlen". Die Vertrauensfrage sei hingegen auch ein Weg, die CSU in die Koalitionsdisziplin einzubinden.

Merkel hatte ihren Schritt, Kanzlerschaft und Parteivorsitz nun doch zu trennen, als ein "Wagnis" bezeichnet. Als Schröder den Vorsitz 2004 an Müntefering abgab, hatte Merkel das als den "Anfang vom Ende des Bundeskanzlers und den Anfang vom Ende dieser Regierung" bezeichnet.

Auch auf der europäischen Ebene sieht Schröder seine Nachfolgerin geschwächt. "Die Kanzlerin hat ihre Verdienste, aber die Reform Europas traue ich ihr nicht mehr zu. Man weiß ja auch nicht, wie lange sie noch im Amt ist." Merkel habe "ihren Zenit überschritten", sagte er.

Die Kandidatur von Friedrich Merz für den CDU-Vorsitz sieht Schröder kritisch. "Das wäre ja eine Rückkehr zur alten CDU mit rückwärtsgewandten Antworten auf die aktuellen Herausforderungen." Für seine eigene Partei wäre ein CDU-Vorsitzender Merz jedoch gut, sagte Schröder. "Wenn die CDU nach rechts rückt, ist Platz in der Mitte. Nur muss die SPD diesen Platz dann auch politisch ausfüllen wollen."

Später sagte Schröder auf einem Event der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin, Merz werde kaum "die besonderen Loyalitäten" übrig haben, die erforderlich seien, damit Merkels Vorstellung von einer Fortführung ihrer Kanzlerschaft unter einem anderen CDU-Vorsitzenden klappe. "Und ich kann mir nicht vorstellen, dass - naja - meine Partei alles aushalten kann." Er rechne daher mit Neuwahlen "spätestens im Frühsommer" nächsten Jahres.

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