Süddeutsche Zeitung

Ahmadinedschad in Brasilien:Ehren und Proteste

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Massendemonstrationen, Atomstreit: Irans Präsident Ahmadinedschad steht national und international unter Druck. Brasiliens Staatschef Lula da Silva ist er trotzdem willkommen, vielen Brasilianern nicht.

Trotz des Streits um das iranische Atomprogramm wollte Präsident Mahmud Ahmadinedschad an diesem Montag in Brasilien seinen Amtskollegen Luiz Inácio Lula da Silva zu einem vertraulichen Gespräch treffen.

Es sei "eine Ehre", Ahmadinedschad zu empfangen, sagte der brasilianische Staatschef vor dessen Eintreffen in der Hauptstadt Brasilia. Zudem verteidigte Lula da Silva Irans Recht auf die zivile Nutzung der Atomkraft und forderte einen neuen Umgangston mit Teheran.

Das muss Balsam für die Seele Ahmadinedschads sein, der nach seiner umstrittenen Wiederwahl im Juni, den anschließenden Massenprotesten der Opposition und der Auseinandersetzung um das Atomprogramm unter großem Druck steht und auf der Suche nach internationaler Legitimation ist.

Doch nicht allen Menschen in Brasilien ist Ahmadinedschad willkommen. In Rio de Janeiro demonstrierten am Sonntag etwa 500 Menschen gegen seinen Besuch. Am Ipanema-Strand versammelten sich zu dem Protest Gruppen von Homosexuellen, Künstlern, Christen, Juden sowie mehrere Holocaust-Überlebende. Ahmadinedschad hat den Holocaust mehrfach infrage gestellt und die Vernichtung Israels gefordert. Zudem, wie er in einem Interview mit dem brasilianischen Fernsehsender Globo TV wiederholte, betrachtet er Homosexualität als widernatürlich.

Mit Brasilien empfängt Ahmadinedschad eine aufstrebende Wirtschaftsmacht mit etwa 190 Millionen Einwohnern, die gute Beziehungen zu den USA, Europa und auch Israel unterhält.

Lula da Silva fordert Neuanfang

Ahmadinedschad, der bei seinem ersten Besuch in Brasilien mit einer Delegation von etwa 200 iranischen Geschäftsleuten anreist, sagte am Sonntag, er könne sich auch im Bereich des Atomprogramms eine Zusammenarbeit der beiden Länder vorstellen. "Wir können Partnerschaften eingehen, um Atomkraftwerke zu bauen."

Beide Länder bräuchten die Atomkraft zur Stromgewinnung, sagte Ahmadinedschad dem Sender Globo TV. "Brasilien und Iran haben ein Recht, die Vorteile der Nukleartechnologie zu nutzen." Die sei kein Privileg der reichen Länder, sagte Ahmadinedschad weiter.

Brasilien verfügt über die siebtgrößten Uranvorkommen der Welt und reichert den Stoff für sein eigenes Atomprogramm an. Einen Verkauf von angereichertem Uran - der auch als Grundstoff einer Atombombe dienen kann - an Iran oder andere Länder hat Brasilien jedoch ausgeschlossen.

Iran steht im Verdacht, sein Nuklearprogramm auch für die Entwicklung von Atomwaffen zu nutzen. Teheran weist dies zurück. Laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) sind bezüglich des Atomprogramms jedoch noch viele Fragen offen.

Der ehemalige Gewerkschaftsführer Lula da Silva hat indes einen Neuanfang im Umgang mit Iran gefordert. "Ich habe es Präsident Obama, Präsident Sarkozy und Kanzlerin Angela Merkel gesagt, dass wir nichts Gutes von Iran bekommen werden, wenn wir das Land in die Ecke verbannen." Man müsse die Voraussetzungen für Verhandlungen schaffen, hatte Lula da Silva im Oktober befunden.

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