Süddeutsche Zeitung

Spendenaffäre:Parteispende an AfD war wohl illegal

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Von Nicolas Richter, Katja Riedel und Sebastian Pittelkow

In der Affäre um eine mutmaßlich illegale Parteispende aus der Schweiz droht der AfD eine Strafzahlung in Höhe von 396 000 Euro. Die Bundestagsverwaltung hat ihr Prüfverfahren zu der Spende abgeschlossen und die Partei per Brief darüber informiert, dass sie eine gestückelte Zahlung aus der Schweiz im Jahr 2017 für illegal halte und eine Strafe verhängen wolle. Entsprechende Erkenntnisse von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR bestätigte die Bundestagsverwaltung auf Anfrage. In dem Brief wird die Partei um Stellungnahme gebeten, es handelt sich also noch nicht um den endgültigen Bescheid.

Die AfD reagierte nicht auf eine Anfrage. Ein Sprecher Alice Weidels bestätigte den Eingang des Briefs der Bundestagsverwaltung, wollte sich jedoch nicht zum Inhalt äußern.

Vor fast einem Jahr war bekannt geworden, dass der Kreisverband Bodenseekreis der AfD im Jahr der Bundestagswahl 2017 eine mutmaßlich illegale Parteispende in Höhe von 132 000 Euro in 18 Tranchen von einer Zürcher Pharmafirma erhalten hatte. Parteispenden aus einem Land außerhalb der EU sind in Deutschland nicht erlaubt. Wie sich herausstellte, stammte das Geld nicht von der Pharmafirma; der Firmenchef hatte es im Auftrag eines Bekannten überwiesen, der anonym bleiben wollte.

Später übersandte die Firma an die AfD eine Liste angeblicher Geldgeber, die sich nach Recherchen von SZ, NDR und WDR aber überwiegend als Strohleute entpuppten. Über diese Strohleute führte die Spur zu einem möglichen Geldgeber, dem Milliardär Henning Conle senior, der in Zürich und in Großbritannien lebt. Diese offenbar fingierte Spenderliste wies personelle Überschneidungen zu Spenderlisten in zwei weiteren dubiosen Finanzierungsfällen auf: Parteichef Jörg Meuthen und der heutige Europaabgeordnete Guido Reil hatten Wahlkampfhilfen der Schweizer Werbeagentur Goal AG erhalten. In diesen beiden Fällen hat die Bundestagsverwaltung in den vergangenen Monaten bereits Strafbescheide an die Partei versandt - über rund 400 000 Euro insgesamt. Die Partei hat Rückstellungen in Höhe von etwa einer Million Euro für Strafzahlungen veranschlagt und damit offenbar schon den Fall Bodensee berücksichtigt. Sie hat angekündigt, gegen die Bescheide zu klagen.

Der AfD-Wahlkreis am Bodensee hatte das Geld im Sommer 2017 erhalten. Die bis zum Frühjahr des Wahljahres noch weitgehend unbekannte Weidel hatte mit Alexander Gauland im Frühjahr 2017 die Spitzenkandidatur der Partei für die Bundestagswahl übernommen. Kurz darauf begannen die Geldflüsse auf das Konto des Kreisverbandes, in dem Weidel zum Vorstand gehört. Bei den Zuwendungen wurde als Verwendungszweck "Wahlkampf Alice Weidel Social Media" genannt.

Die Bundestagsverwaltung fordert von der AfD nun den dreifachen Betrag dessen, was diese wohl zu Unrecht eingenommen hatte, nämlich 396 000 Euro. Dass der Kreisverband das Geld ein Dreivierteljahr später an die Schweizer Firma zurücküberwiesen hatte, bleibt unberücksichtigt. Nach Ansicht der Bundestagsverwaltung wurde die Spende von der AfD angenommen und zu spät zurückgezahlt.

Die Bundestagsverwaltung war über den gesamten Vorgang nicht von der Partei unterrichtet worden, sie erfuhr erst aus den Medien davon. Zu einer weiteren Spende aus den Niederlanden in Höhe von 150 000 Euro von einer Stiftung namens "Stichting Identiteit" soll die Partei gegenüber der Bundestagsverwaltung offenbar ebenso Stellung nehmen. Diese Spende war Anfang 2018 auf demselben Konto des Kreisverbandes am Bodensee eingegangen und nach einer mehrmonatigen Prüfung an den Absender zurücküberwiesen worden. Ob und wann die AfD in beiden Fällen gegenüber der Bundestagsverwaltung Stellung nehmen wird, ist unklar.

Auch die Staatsanwaltschaft Konstanz führt Ermittlungen gegen Weidel und weitere Kreisvorstände. Hierzu hat sie die Schweiz um Rechtshilfe ersucht. Nach langem juristischem Streit wurde inzwischen der Firmenchef vernommen, der das Geld an die AfD überwiesen hatte, bestätigte dessen Anwalt auf Anfrage von SZ, NDR, WDR und dem Schweizer Tages-Anzeiger. Anwesend war dabei auch ein deutscher Ermittler. Der Inhalt der Vernehmungen wurde jedoch noch nicht an die deutschen Ermittlungsbehörden übergeben.

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