Süddeutsche Zeitung

Verfassungsschutz:Sachsens AfD wird "Verdachtsfall"

Lesezeit: 1 min

Im Landesverband von Parteichef Tino Chrupalla haben die Völkischen die Oberhand gewonnen, so die Bewertung des Verfassungsschutzes.

Von Sebastian Pittelkow, Katja Riedel und Ronen Steinke, Berlin

Sachsens Verfassungsschutz will den Landesverband der AfD bald noch stärker ins Visier nehmen. Nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR hat der Nachrichtendienst bereits Landesinnenminister Roland Wöller (CDU) über diese Absicht informiert. Bisher gilt der Landesverband der AfD nur als "Prüffall" auf Rechtsextremismus. Künftig soll von einem "Verdachtsfall" die Rede sein, dies ist die nächsthöhere Stufe auf dem Weg zu einer möglichen vollständigen Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Womöglich könnten dann geheimdienstliche Mittel wie Telefonüberwachung zum Einsatz kommen. Das Innenministerium soll, wie zu hören ist, keine Einwände haben.

Damit reagiert Sachsens Verfassungsschutz offenbar auf Entwicklungen in der Landespartei, in der Mitglieder der völkischen Strömung zuletzt immer stärker die Oberhand gewonnen haben. Damit zieht der sächsische Verfassungsschutz auch im Vergleich zu den Nachbarländern nach. Im angrenzenden Thüringen wird der AfD-Landesverband bereits seit Anfang des Jahres als Verdachtsfall eingestuft. In Sachsen-Anhalt nimmt der Verfassungsschutz die Landespartei ebenfalls bereits verstärkt ins Visier, kann dies aber aufgrund des Landesrechts erst bekannt geben, wenn aus seiner Sicht von einer "erwiesenen verfassungsfeindlichen Bestrebung" gesprochen werden kann, was bislang nicht der Fall ist.

Streit über den richtigen Umgang mit der AfD

In Sachsen soll es nun aus Sicht der Verfassungsschützer insbesondere bei drei AfD-Landtagsabgeordneten gesicherte Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bezüge geben. Diese sollen sich sowohl auf deren eigene Äußerungen als auch auf deren Verbindungen zu Organisationen beziehen. Bei drei weiteren Abgeordneten gehen die Verfassungsschützer zumindest von einem solchen Verdacht aus. Zuletzt hatte es in Sachsens Sicherheitsapparat noch Streit über den richtigen Umgang mit der AfD gegeben. Erst im Sommer war Dirk-Martin Christian als neuer Präsident des Verfassungsschutzes eingesetzt worden, Berichten zufolge soll das Landesinnenministerium das Vorgehen seines Vorgängers gegen die AfD zu forsch gefunden haben.

In Kürze soll auch bundesweit eine Entscheidung fallen, wie die Gesamt-AfD künftig vom Verfassungsschutz eingestuft wird, zu Jahresbeginn will sich das Bundesamt für Verfassungsschutz entsprechend erklären. Gerechnet wird damit, dass dann alle Verfassungsschutzämter gemeinsam die AfD in Bund und Ländern als "Verdachtsfall" beobachten werden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5141734
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.