Süddeutsche Zeitung

AfD:Kalbitz räumt Teilnahme an rechtsextremer Demo ein

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Wenige Tage vor der Landtagswahl 1. September in Brandenburg hat AfD-Spitzenkandidat Andreas Kalbitz seine Teilnahme an einer rechtsextremen Demonstration in Athen im Jahr 2007 eingeräumt. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte berichtet, dass sich Kalbitz damals zusammen mit 13 deutschen Rechtsextremisten in einem Athener Hotel einquartiert hatte, der Marsch wurde demnach von der griechischen "Patriotischen Allianz" organisiert.

"Es ist zutreffend, dass ich vor 12 Jahren in Athen war", sagte Kalbitz auf Anfrage. "Es gab verschiedene deutsche und andere internationale Besucher dieser Veranstaltung mit mehreren Tausend Besuchern, wie auch in meinem Fall außerhalb der von Ihnen benannten "NPD-Reisegruppe"".

In dem Hotel wohnte Kalbitz dem Spiegel zufolge unter anderem zusammen mit NPD-Chef Udo Voigt. Das belege ein Dokument aus der Botschaft in Athen, das eine Verbindungsbeamtin des Bundeskriminalamtes (BKA) damals vor Ort verfasste. Neben Voigt werden nach Spiegel-Informationen weitere Führungspersonen der NPD und des Parteinachwuchses aufgelistet. Die Gruppe aus Deutschland soll auf einem Hotelbalkon eine Hakenkreuz-Fahne aufgehängt haben. Daraufhin sollen mutmaßliche Anarchisten Molotow-Cocktails in den Hoteleingang und auf den Balkon geworfen haben.

Führungsfigur beim "Flügel"

"Zu dem linksextremistischen Brandanschlag und Vorgängen wie irgendwelcher Fahnen darum herum kann ich nichts sagen, da ich nicht zugegen, geschweige denn beteiligt war", erklärte Kalbitz. Trotz der von ihm "offen eingeräumter Bezüge in der Vergangenheit" zu rechtsnationalem Gedankengut stehe er "wie die gesamte AfD - unverrückbar auf dem Boden des Grundgesetzes, auch in der konsequenten Distanzierung zu rechtsextremistischen Bestrebungen", so Kalbitz.

Der ehemalige Fallschirmjäger Kalbitz trat 2013 in die AfD ein und kam 2014 in den Brandenburger Landtag. Er gilt als Führungsfigur im rechtsnationalen "Flügel" von Björn Höcke. Im Jahr 2007 nahm er an einem Pfingstcamp der rechtsextremen "Heimattreuen Deutschen Jugend" (HDJ) teil. Später führte er den rechtsextremen Verein "Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit", den der Ex-SS-Hauptsturmführer und NPD-Funktionär Waldemar Schütz mitbegründet hatte. Nachdem dies 2015 bekannt wurde, legte Kalbitz den Vereinsvorsitz nieder. Auf die Frage nach einer Teilnahme an einem Sommerlager des rechtsextremen Vereins "Die Heimattreue Jugend" im Jahr 1993, die ARD und RBB recherchiert hatten, antwortete Kalbitz, er könne sich daran nach so vielen Jahren nicht erinnern.

Zwei fragwürdige Mitarbeiter

In seiner Landtagsfraktion beschäftigt der 46-Jährige zwei Mitarbeiter, die der rechtsextremen Szene nahe stehen sollen. Der Arbeitsvertrag mit einem Mitarbeiter, der nach Angaben des Verfassungsschutzberichts 2018 als rechtsextremer Liedermacher aktiv gewesen sein soll, sei zum 1. Oktober gekündigt worden, sagte Kalbitz auf Nachfrage. Gründe wollte er dafür nicht nennen.

Im April hatte das Landtagspräsidium die Berufung eines weiteren AfD-Fraktionsmitarbeiters abgelehnt. Die Mehrheit des Präsidiums hatte nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine zu große Nähe des Kandidaten zur "Identitären Bewegung" gesehen, die im Verfassungsschutzbericht 2017 als "Verdachtsfall" im Bereich des Rechtsextremismus erwähnt wurde. Zu diesem Mitarbeiter wollte sich Kalbitz am Freitag nicht äußern, weil diese Personalie noch nicht abgeschlossen sei.

Abmahnung wegen Wahlwerbespot

"Herr Kalbitz ist nicht der geläuterte Demokrat, den er derzeit darzustellen versucht - das ist nur eine Maske", sagte die Grünen-Spitzenkandidatin Ursula Nonnemacher. Der Lebenslauf von Kalbitz sei eng mit der rechtsextremen Szene verbunden, kritisierte sie. "Er ist einer der Chefs der AfD-Gruppe "Flügel", die der Verfassungsschutz als rechtsextremen Verdachtsfall einstuft."

Unterdessen hat Kalbitz die Brandenburger Linkspartei mit einer Abmahnung auffordern lassen, einen per Twitter verbreiteten Wahlwerbespot zu löschen, wie der 46-Jährige am Freitag bestätigte. In dem Spot nennt Linke-Spitzenkandidat Sebastian Walter Kalbitz einen "Neonazi", der sich umgebe mit "Reichsbürgern und Menschen, die sich bewaffnen und einen gewaltsamen Umsturz planen." Linke-Patreichefin Anja Mayer kommentierte die Forderung nach Löschung des Spots nur knapp: "Das haben wir nicht vor!"

"Demonstrationen unterm Hakenkreuz gemeinsam mit griechischen Neonazis sind nicht ein Indiz, sondern ein Mosaikstein, der sich nahtlos und konsistent in einen rechtsextrem geprägten Lebenslauf einpasst", sagte Walter am Freitag zu dem Spiegel-Bericht. "Wer in solcher Gesellschaft reist, kann nur als überzeugter Anti-Demokrat gesehen werden."

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