Süddeutsche Zeitung

Bundesparteitag:AfD wählt Chrupalla und Weidel an die Parteispitze

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Trotz heftiger Kritik an seiner Arbeit darf der 47-Jährige zwei weitere Jahre an der Parteispitze bleiben. Zur Co-Chefin wird Alice Weidel gewählt. Doch im Hintergrund lauert schon ein ganz anderer Nachfolger.

Von Markus Balser, Riesa

Der Bundesparteitag der AfD hat Tino Chrupalla und Alice Weidel zu neuen Parteichefs gewählt. Amtsinhaber Chrupalla aus dem weit rechten AfD-Lager setzte sich am Samstag im sächsischen Riesa trotz harter Kritik an seinem Führungsstil in einer Stichwahl gegen den Konkurrenten Norbert Kleinwächter durch. Der 36-Jährige war als führender Vertreter des für AfD-Verhältnisse gemäßigten Lagers angetreten, um Chrupalla abzulösen. Ihm waren im Vorfeld jedoch nur Außenseiterchancen eingeräumt worden. Das Ergebnis fiel dafür knapp aus. Auf Chrupalla entfielen 53 Prozent der Stimmen, auf Kleinwächter 36 Prozent.

Chrupalla wird die AfD in den nächsten zwei Jahren jedoch nach einem weiteren Beschluss der 538 Parteitagsdelegierten nicht alleine führen können. Der Parteitag stellte dem 47-Jährigen als Co-Chefin Alice Weidel, 43, an die Seite, die ebenfalls dem rechten Lager zugerechnet wird. Sie setzte sich in einer Abstimmung klar gegen den 59-Jährigen Europaabgeordneten Nicolaus Fest durch. Weidel und Chrupalla führen bereits gemeinsam die AfD-Fraktion im Bundestag.

Der Wahl war ein heftiger Schlagabtausch der Kandidaten und ihrer Lager vorangegangen. Kleinwächter hatte in seiner Bewerbungsrede scharf den Kurs und den Zustand der Partei kritisiert. "Wir haben keine Zeit mehr für den gärigen Haufen", sagte Kleinwächter zu dem anhalten Streit der beiden Lager. "Wir brauchen Disziplin und Professionalisierung." Chrupalla wies die Attacken in seiner Rede zurück. "Ich bin der Bundessprecher der Basis. Wenn ich angegriffen werde, dann weil die Basis zum Schweigen gebracht werden soll", sagte Chrupalla. "Das werde ich nicht zulassen." Die AfD werde nicht mitmachen bei Impfpflicht, Krieg und offenen Grenzen.

Der Sieg Chrupallas von Chrupalla und Weidel gilt als Zeichen einer Machtverschiebung innerhalb der AfD. Seit Monaten bekämpften sich das weit rechte und das für AfD-Verhältnisse gemäßigte Lager auf das Schärfste. Im Vorfeld hatten beide Seiten angekündigt, endgültig die Macht im bislang gespaltenen 14-köpfigen Vorstand zu übernehmen.

Höcke will wohl in zwei Jahren die Spitze ersetzen

Für die selbsternannten Bürgerlichen in der AfD dürften unter einer neuen Parteispitze harte Zeiten anbrechen. Ein weiterer Rechtsruck der Partei gilt als wahrscheinlich. Denn erstmals gibt sie an ihrer Spitze das sorgsam austarierte Gleichgewicht innerhalb der Doppelspitze auf, das beide Strömungen im Führungsduo repräsentiert sein sollen. Zudem deuten die ersten Wahlen weiterer Parteiposten darauf hin, dass das weit rechte Lager Gremien wie das Bundesschiedsgericht der Partei künftig dominieren kann, das bei Ausschlussverfahren etwa gegen Extremisten eine wichtige Rolle spielt.

Im Hintergrund läuft sich derweil Rechtsaußen Björn Höcke warm, um wohl in zwei Jahren einen eigenen Vorstoß auf die Parteispitze zu starten. Der thüringische Landeschef, dessen Verband der thüringische Verfassungsschutz als "erwiesen rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt" einstuft, startete auf dem Parteitag eine Initiative, die Doppel- mit der nächsten Vorstandswahl in zwei Jahren gegen eine Einzelspitze tauschen zu können. Einem entsprechenden Antrag stimmten die Delegierten zu 70 Prozent zu. In der Partei gilt es als wahrscheinlich, dass Höcke dann selbst Ansprüche auf diesen Posten anmelden könnte.

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