Süddeutsche Zeitung

Abstimmung über Frauenquote:Union unter Druck

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Die Koalition hat sich jahrelang zu wenig um die Belange ihrer Frauen gekümmert - jetzt droht ihr die Quittung. Mehrere Unionsfrauen wollen im Bundestag für die Frauenquote stimmen. Unionsfraktionschef Kauder schickt daher einen flehenden Appell an die weiblichen Fraktionsmitglieder. Hat dieser keinen Erfolg, wären die Folgen für die Koalition katastrophal.

Ein Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Es ist fast schon ein flehender Appell. Volker Kauder hat die Frauen seiner Fraktion aufgefordert, zusammen mit der Unionsmehrheit gegen die Quote zu stimmen. Andernfalls sei die Koalition "nicht mehr handlungsfähig". Starke Worte, die aber nur die Schwäche des Fraktionschefs offenbaren.

Nächste Woche entscheidet der Bundestag über den Gesetzentwurf des Bundesrats für eine Frauenquote. Und Kauder kann immer noch nicht einschätzen, wie viele Dissidentinnen es in seinen Reihen gibt. 20 Abweichlerinnen könnte sich die Koalition erlauben. Eine einzige zusätzlich - und Schwarz-Gelb stünde zum ersten Mal ohne Mehrheit da. Die "Berliner Erklärung" für die Quote haben bereits 24 Frauen aus den Koalitionsfraktionen unterzeichnet. Das muss für die Abstimmung im Bundestag nichts bedeuten, zeigt jedoch: Es kann eng werden.

Kauders Appell offenbart aber auch, wie stark es unter den Unionsfrauen gärt. Für viele von ihnen waren die vergangenen Jahre eine Zumutung. Sie mussten wider die eigene Überzeugung für das Betreuungsgeld stimmen. Die als Kompensation gedachte Erhöhung der Mütterrenten wird es in dieser Legislatur doch nicht mehr geben. Außerdem verhindert die Bundesregierung die europäische Frauenquote. Und in Kristina Schröder kämpft ausgerechnet die Frauenministerin gegen eine feste Quote hierzulande.

Die Koalition hat sich jahrelang zu wenig um die Belange ihrer Frauen gekümmert, jetzt könnte sie dafür die Quittung erhalten. Die Folgen für die Regierung wären katastrophal.

Merkel würde mitten im Wahlkampf die Regierung um die Ohren fliegen

FDP-Fraktionschef Brüderle hat bereits im Streit um die Gleichstellung der Homo-Ehen erklärt, wechselnde Mehrheiten bedeuteten das "Ende" einer Koalition. Dies war damals als Warnung an die eigenen Parteifreunde gedacht - gilt jetzt aber auch für die Union. Die Liberalen lehnen jede Form der Frauenquote ab. Sollten Unionsabgeordnete dem Quoten-Gesetz des rot-rot-grünen Bundesrats trotzdem zur Mehrheit verhelfen, wäre das ein beispielloser Affront gegenüber der FDP.

Die Liberalen müssten sich dann auch nicht mehr koalitionskonform verhalten. Brüderle könnte seine Fraktion kaum mehr davon abhalten, zusammen mit der Opposition für die Gleichstellung der Lebenspartnerschaften zu stimmen. Was die Unionsfraktion wiederum dazu bringen könnte, gegen den Widerstand der FDP zusammen mit der Opposition einen NPD-Verbotsantrag des Bundestags zu beschließen. Angela Merkel würde mitten im Wahlkampf die Regierung um die Ohren fliegen.

Kauder bleibt deshalb gar nichts anderes übrig, als seine Frauen unter Druck zu setzen. Zu viel steht auf dem Spiel. Außerdem kann er die Beschlüsse seiner Partei nicht einfach ignorieren. Auf dem letzten Parteitag hat sich die CDU einstimmig für die flexible Quote von Kristina Schröder ausgesprochen - und damit gegen eine fixe Vorgabe, wie sie jetzt der Bundesrat will. Was heißt das alles für die Frauen in Deutschland? Wer eine feste Quote will, muss Parteien wählen, die diese auch wollen. Union und FDP sind es nicht.

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Quelle:
SZ vom 12.04.2013
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