Süddeutsche Zeitung

Vorwurf der Vergewaltigung:Prozess gegen Lübecker Schüler geplatzt

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Sie sollen auf Klassenfahrt eine 15-Jährige vergewaltigt haben. Doch nun hat die Londoner Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen zwei Lübecker Schüler eingestellt.

Die Londoner Staatsanwaltschaft hat das Verfahren gegen zwei Lübecker Schüler eingestellt, die im Mai in London eine 15-Jährige vergewaltigt haben sollen. Das bestätigte der Lübecker Rechtsanwalt Andreas Mroß am Freitag in Lübeck. Die Londoner Staatsanwaltschaft habe mitgeteilt, dass keine ausreichenden Beweise für ein ordnungsgemäßes Strafverfahren vorlägen. Ein Grund dafür sei, dass das Opfer, eine Realschülerin aus Bremen, sich geweigert habe, mit den britischen Behörden zu kooperieren, sagte Mroß.

Die beiden 19-jährigen Lübecker sollen das Mädchen während einer Klassenfahrt in einer Londoner Jugendherberge vergewaltigt und die Tat gefilmt haben. Die Beweislage sei dünn, sagte der Anwalt. Nach seinen Angaben bestreiten die beschuldigten Gymnasiasten die Tat, von ihren Mitschülern gibt es nur vage Zeugenaussagen und die 15-Jährige schweige. "Nach allem, was ich aus den Akten weiß, ist die Schülerin schon in London zum Spielball eines sich rasch verselbstständigenden Prozesses geworden. Sie und auch die übrigen Zeugen standen unter dem Eindruck sich überschlagender Gerüchte und ihre Befragungen waren zum Teil suggestiv und interessengesteuert", sagte Mroß.

Auf einer Klassenfahrt nach London hatten sich die beiden 19 Jahre alten Schüler eines Lübecker Fachgymnasiums und die 15-jährige Realschülerin aus Bremen kennengelernt. Beide Klassen übernachteten in derselben Jugendherberge. Nach einer Party soll es in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai zu sexuellen Handlungen zwischen dem Mädchen und den beiden Gymnasiasten gekommen sein.

Auch in Lübeck läuft ein Verfahren

Die beiden unter dringendem Tatverdacht festgenommenen Gymnasiasten wurden wegen Vergewaltigung angeklagt. Gegen Zahlung einer Kaution von 10.000 Pfund (umgerechnet knapp 12.000 Euro) durften sie zunächst das Gefängnis und das Land verlassen. Weil sich ihre Mitschüler weigerten, weiter mit ihnen unterrichtet zu werden, wurden die jungen Männer zunächst vom Unterricht suspendiert. Sie haben die Schule inzwischen auf eigenen Wunsch verlassen.

Rechtsanwalt Mroß erhebt schwere Vorwürfe gegen die britischen Strafverfolgungsbehörden. Obwohl die Schülerin schon in London gegenüber der Polizei ausgesagt habe, sie wünsche keine Strafverfolgung und werde nicht mit den britischen Behörden kooperieren, seien ihr Ermittlungsbeamte nach Deutschland nachgereist und hätten versucht, sie zu vernehmen. Die deutschen Behörden seien darüber nicht informiert worden, sagte Mroß. Die Londoner Staatsanwaltschaft habe das Verfahren am Laufen gehalten, obwohl das Mädchen ausdrücklich erklärt habe, sie werde nicht vor einem britischen Gericht erscheinen, sagte Mroß weiter.

Die Lübecker Staatsanwaltschaft hatte im Mai ein eigenes Ermittlungsverfahren gegen die beiden 19-Jährigen eingeleitet und sich wiederholt bemüht, das Verfahren aus London zu übernehmen. Dieses Angebot war jedoch von den britischen Behörden abgelehnt worden. Ob nun auch das Lübecker Verfahren eingestellt wird, ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft vom Freitag noch offen.

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