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SZ-Kolumne "Bester Dinge":Das Ende des Tees, wie wir ihn kennen

In Großbritannien können sie es nicht fassen: Eine amerikanische Chemikerin empfiehlt Tee mit Salz, da interveniert sogar die US-Botschaft. Aber jetzt hat die Forscherin schon wieder eine neue Idee.

Von Marcel Laskus

Die Lebensmittelchemikerin Michelle Francl ist Teil des akademischen Betriebs, eher ignoriert zwar von Menschen, die sich von Chemie eh nur schlechte Schulnoten und nie etwas Magisches erwartet haben, dafür geschätzt von der Fachwelt. Bis heute wurde die Amerikanerin 13 231 Mal von Kollegen zitiert. Eines Tages aber war ihr das wohl nicht mehr genug. Von ihren Weisheiten über ihr Lieblingsheißgetränk sollte die Allgemeinheit erfahren.

Ach, hätte Francl doch nur recherchiert, wozu es führt, wenn Amerikaner versuchen, kulinarische Ansichten nach Europa zu exportieren. Wie etwa die Italiener auf die Idee von Starbucks reagierten, Olivenöl in den Kaffee zu kippen: mit blankem Entsetzen. Francl schrieb also ihr Buch darüber, wie man Tee richtig trinkt. Spätestens als sich herumsprach, dass sie darin tatsächlich behauptete, man müsse Tee, um den bitteren Geschmack abzuschwächen, mit etwas Salz anreichern, spätestens da betrat sie hochpolitisches Terrain.

Vor allem die britische Öffentlichkeit war offenbar so erregt, dass sich sogar die US-Botschaft in London zu einem (nicht völlig ernst gemeintem) Statement veranlasst sah: Salz im Tee sei "undenkbar", hieß es darin.

Nur eine war an Deeskalation nicht interessiert: Michelle Francl. Sie legte nun nach. Wer die Wirkung des Koffeins im Tee verringern wolle, müsse "Kohl, Brokkoli oder Rosenkohl" essen, sagte sie in einem Webinar. Rosenkohl? Hat sie gar keine Skrupel? Offensichtlich nicht. Dem New Scientist teilte sie mit: "Ich finde es toll, dass nun alle über Chemie sprechen."

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