Süddeutsche Zeitung

Botswana:Tod an der Wasserstelle

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Seit Mai sind 350 Elefanten im Okavangodelta verendet. Forscher und Tierschutzorganisationen rätseln, was der Grund sein könnte.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Drei Stunden sind sie mit dem Flugzeug über das Okavangodelta in Botswana geflogen und haben 169 tote Elefanten gezählt. Im Mai war das, sagen Tierschützer, seitdem ist das Flugzeug immer wieder aufgestiegen, hat sich die Zahl der toten Elefanten auf etwa 350 verdoppelt. "Es ist ein Desaster", sagt Niall McCann von der Tierschutzorganisation National Park Rescue. Er habe noch nie so viele Elefanten in zeitlicher und räumlicher Nähe sterben sehen.

Seit die ersten Fälle im Mai bekannt wurden, rätseln Forscher und Tierschutzorganisationen, warum die Elefanten starben. Die Regierung von Botswana hat ausgeschlossen, dass es sich um Wilderei handelt, da alle Tiere noch ihre Stoßzähne besitzen. Botswana galt lange als Musterland, was den Schutz von Elefanten angeht, etwa 135 000 Tiere leben dort, so viele wie sonst nirgends auf der Welt. Das Okavangodelta gehört zu den beliebtesten Touristenzielen im südlichen Afrika, mit luxuriösen Lodges und Helikopterflügen über Elefantenherden.

Seit Jahren aber beklagen die Bewohner ländlicher Regionen, dass der Schutz der Elefanten zu ihren Lasten gehe, immer wieder würden die Tiere ihre Felder überrennen und die Ernte vernichten, mehrere Bauern wurden von Elefanten totgetrampelt. Die Regierung erlaubte deshalb 2019 wieder die kommerzielle Jagd auf Elefanten, allerdings nur sehr beschränkt, Anfang 2020 wurden 60 Lizenzen verkauft.

Vergiftung - zum Beispiel durch Wilderer - wird ausgeschlossen

Tierschützer sind dennoch empört. Sie werfen der Regierung nun vor, grundsätzlich zu wenig für den Schutz der Elefanten zu tun und auch jetzt keine Eile zu zeigen, die Ursache des Massensterbens aufzuklären. Viele Wochen seien verstrichen, ohne dass die Regierung Proben der toten Tiere an Labore verschickt hätte. Drei Einrichtungen in Kanada, Südafrika und Simbabwe seien als mögliche Testeinrichtungen ausgewählt worden, teilte das Naturschutzministerium nun mit. Es werde Wochen dauern, bis mit Ergebnissen zu rechnen ist.

Tierschützer wie McCann schließen zumindest Vergiftung als Todesursache aus. Wäre den Tieren Zyanid verabreicht worden, was viele Wilderer benutzen, hätten auch Aasfresser wie Geier zu Tode kommen müssen. Viele Elefanten wurden an Wasserstellen gefunden, was auf eine mögliche Verunreinigung hindeuten könnte. Keith Somerville, Professor für Tierschutz an der Universität Kent, hält es für möglich, dass während der zurückliegenden langen Dürreperiode die Kadaver von Zehntausenden gestorbenen Rindern das Trinkwasser der Elefanten verseuchten. "Aber dann stellt sich auch die Frage, warum nur Elefanten starben." Andererseits gäbe es im Okavangodelta so viele Elefanten, dass während und nach einer Dürreperiode auch mehre Tausend Elefanten eines natürlichen Todes sterben könnten. Andere Forscher weisen darauf hin, dass viele Elefanten offenbar eines sehr plötzlichen und überraschenden Todes gestorben sind, da sie offenbar auf ihr Gesicht fielen. Augenzeugen berichten aber auch, dass andere Elefanten orientierungslos im Kreis herumgelaufen seien, bevor sie verendeten, was auf neurologische Probleme hinweisen könnte. Letztlich sind sich die Forscher und Tierschützer einig darin, dass nur Labore die Todesursache klären können.

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