Süddeutsche Zeitung

Brände in Brasilien:Atempause für den Amazonas

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Von Benedikt Peters

Zum ersten Mal seit Monaten hat sich die Lage im Amazonas-Regenwald leicht gebessert. Nachdem die Waldbrände dort in den vergangenen Monaten extrem zugenommen hatten, gingen sie nun erstmals zurück. Das gab das brasilianische Institut für Weltraumforschung (INPE) bekannt, das den Zustand des Amazonas anhand von Satellitenbildern überwacht.

Demnach sanken die Brände sogar auf einen historischen Tiefstand. Die Forscher zählten im vergangenen Monat 7855 Feuer, so wenige wie in keinem anderen Oktober seit Beginn der Aufzeichnung 1998. Die Zahlen werden immer monatsweise verglichen, da die Brände starken Schwankungen unterliegen. Die Brandsaison währt normalerweise von Juli bis Oktober.

Für den arg gebeutelten größten Regenwald der Erde handelt es sich aber nicht um mehr als um eine Atempause. Nachdem die Brände im Sommer ein verheerendes Ausmaß erreichten und der internationale Druck auf Brasilien enorm angestiegen war, erließ Präsident Jair Bolsonaro Ende August ein Dekret. Es untersagte die Brandrodungen im Amazonas-Gebiet für zwei Monate. Zudem schickte er Soldaten, sie sollten den Regenwald schützen. Trotzdem nahmen die Brände im September noch zu, bevor die Maßnahmen im Oktober Wirkung zeigten.

Unklar ist, wie es nun weitergeht, nachdem Bolsonaros Dekret ausgelaufen ist. International steht er zwar weiterhin unter Druck, was vor allem am Mercosur-Handelsabkommen mit der EU liegt. Einige Mitgliedsstaaten wie etwa Österreich drohen damit, es nicht zu ratifizieren, wenn die brasilianische Regierung nicht endlich effizient den Regenwald schützt. Mit anderen Amazonas-Anrainerstaaten hat Bolsonaro dazu eine Absichtserklärung unterzeichnet, den sogenannten "Pakt von Leticia".

Bisher hat Bolsonaro den Umweltschutz am Amazonas aufgeweicht

Der Pakt beinhaltet jedoch wenig Konkretes. Und die Machtverhältnisse in Brasilien sprechen nicht dafür, dass Bolsonaro den Amazonas tatsächlich wirksam schützen lassen wird. Der rechtsgerichtete Präsident steht der Agrarlobby nicht nur nah, er ist aufgrund der Mehrheiten im Kongress auch von ihr abhängig. Ihre Klientel wiederum ist es, die am meisten von den Bränden profitiert. Großbauern und deren Handlanger legen die Feuer im Regenwald, um die Flächen danach landwirtschaftlich nutzen zu können. Oder sie spekulieren auf deren Wertsteigerung.

Bisher hat Bolsonaro den Umweltschutz im Amazonas-Gebiet systematisch aufgeweicht, etwa, indem er das Umweltministerium und die Indigenen-Behörde FUNAI entmachtete. Deren Budget hat Bolsonaro zusammengestrichen, was unter anderem dazu führt, dass die FUNAI immer weniger Patrouillen finanzieren kann, um die illegalen Holzfäller von ihrem Tun abzuhalten. Die Indigenen, die sich ihnen trotzdem in den Weg stellen, riskieren ihr Leben. Am vergangenen Wochenende wurde ein 26-jähriger Mann vom Stamm der Guajajara von Holzfällern erschossen.

Weiter südlich, im Bundestaat Mato Grosso, bricht sich unterdessen ohnehin die nächste Katastrophe Bahn. Dort liegt das Pantanal, das als eines der größten Sumpfgebiete der Welt gilt. Es ist beliebt bei Touristen und bekannt für seine einzigartigen Pflanzen- , Vogel und Fischarten. Die Unesco erklärte das Gebiet 2000 zum Weltkulturerbe.

Die Agrarbarone aber interessiert das weniger. Auch im Pantanal lassen sie Brandrodungen durchführen, und seit zehn Tagen gerät die Situation zunehmend außer Kontrolle. Nach den Erkenntnissen des INPE stehen dort inzwischen etwa 1200 Quadratkilometer in Flammen. Das ist eine Fläche in etwa so groß wie Rio de Janeiro.

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