Süddeutsche Zeitung

Zweite Stammstrecke:Schnüffeln für die Deutsche Bahn

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Um geschützte Tiere zu finden, die für Bauvorhaben umgesiedelt werden müssen, setzt das Unternehmen nun auf tierische Helfer: Hunde spüren auf, wo Zauneidechsen und Schlingnattern leben.

Von Andreas Schubert

Wenn Finya und Monte ins Grüne dürfen, sind sie in ihrem Element. Die beiden drei Jahre alten Hunde sind Mischlinge aus Cocker Spaniel und Springer Spaniel und darauf spezialisiert, geschützte Tierarten aufzuspüren. Mit ihrem guten Geruchssinn helfen die Artenschutzhunde dabei, Bauvorhaben der Deutschen Bahn (DB) zu beschleunigen. Denn wann und wo auch immer die Bahn etwas baut, muss zunächst untersucht werden, ob der Standort ein potenzieller Lebensraum für geschützte Tiere ist.

Für den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke haben insgesamt sechs Hunde den oberflächlichen Trassenverlauf abschnittsweise nach Zauneidechsen und Schlingnattern abgeschnüffelt. Wo Bäume gefällt oder Gebäude abgerissen werden müssen, suchen die Vierbeiner auch nach Fledermäusen. Werden die Hunde fündig, müssen die Reptilien und die Fledermäuse umgesiedelt werden. Dafür schafft die DB spezielle Ausgleichsflächen.

Für den Artenschutz mussten bisher Menschen bis zu einem Jahr lang ein Gebiet absuchen. Dann kam dem Biologen Michael Schmitt, DB-Teamleiter Artenkartierung und Umwelt- und Immissionsschutz, die Idee, dass man bei der Suche womöglich auch Spürhunde einsetzen könnte. Den Einfall hatte er, als er in Südtirol einen Kollegen beobachtete, der mithilfe seines Hundes Brutplätze von Vögeln untersuchte.

Seit vergangenem Jahr sind die Hunde im Einsatz. Mit ihnen ist der Nachweis einer bestimmten Art eine Sache von Stunden. Mit ihren 220 Millionen Riechzellen - das sind zehnmal so viele wie bei einem erwachsenen Menschen - können sie beispielswiese Eierschalen von Eidechsen, Kot oder abgelegte Häute erschnüffeln. Darauf wurden sie ein Jahre lang intensiv trainiert. Inzwischen sind bei der DB drei weitere Hunde in Ausbildung, vier Welpen in Vorausbildung.

Dafür nutzen die Ausbilderinnen eine sogenannte Scent Box. Die ist ein Metallkasten, in dem bestimmte Geruchsstoffe platziert werden. Durch Löcher in der Box lernen die Hunde diese zu erschnüffeln.

Auf dem Feld westlich der Donnersbergerbrücke demonstrieren die Hundeführer die besondere Fertigkeit ihrer Tiere. Maximilian Bültge legt einen Geruchsköder aus Kunststoff ins hohe Gras und als er die Anweisung zum Suchen gibt, macht sich Finya Schwanz wedelnd ans Werk. Nach wenigen Sekunden hat sie den Köder aufgespürt, setzt sich davor hin und fixiert die Stelle.

Im Ernstfall suchen Finya und die anderen Hunde im Bereich der Stammstrecke vor allem nach den streng geschützten Zauneidechsen, die sich in an sonnigen Standorten in der Nähe von Bahngleisen oft ziemlich wohl fühlen. Nach 20 Minuten ist die Demonstration vorbei. Ein längerer Einsatz, sagt Bültge, sei für die Tiere zu anstrengend.

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