Süddeutsche Zeitung

Winter im Landkreis:In der Not halten alle zusammen

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Hunderte freiwillige Helfer räumen am Montag weiter Schnee von den Dächern

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

In der Region sind am Montag weiter Hunderte Einsatzkräfte damit beschäftigt gewesen, Dächer von gefährlichen Schneemassen zu befreien. Laut dem Tölzer Landratsamt konzentrierten sich 839 freiwillige Helfer aus Bayern auf öffentliche Gebäude. Sie räumen etwa die Dächer der Wolfratshauser Berufsschule, der Geretsrieder Franz-Marc-Schule, der Gaißacher Kinderklinik, des Kindergartens Arche Noah sowie des Schulzentrums und der Berufsschule in Bad Tölz. "Sofern nichts weiter passiert und das Wetter mitspielt, hoffen wir, dass wir die wichtigsten Arbeiten heute im Laufe des Tages erledigen können", sagte Landrat Josef Niedermaier am Montagvormittag.

Problematisch ist, dass es in tiefen Lagen regnet. Der Schnee saugt die Feuchtigkeit wie ein Schwamm auf und wird damit schwerer. Das belastet die Dächer und Böden. Montagmittag gibt der durchfeuchtete Hang am Tölzer Kalvarienberg nach. Erde und Schnee rutschen ab, verschütten den Fußweg von der Fröhlichgasse nach oben auf einer Breite von 20 Metern. Laut Kur- und Tourismusdirektorin Brita Hohenreiter ist der Hangabrutsch zwar weniger dramatisch - es gibt keine Verletzten. Doch eine Holzbrücke wurde zerstört. Wann diese repariert und der Fußweg geöffnet werden kann, ist noch offen.

Laut Wetterprognosen entspannt sich die Lage in den nächsten Tagen. Am Dienstag sollen die Schnee- und Regenfälle demnach ausklingen. Für Mittwoch sagt der bayerische Lawinenwarndienst Tauwetter voraus. An diesem Tag soll die Nullgradgrenze auf 2000 Meter Seehöhe steigen.

Lokal leicht überflutet ist etwa die Bundesstraße 11 in Schäftlarn. Davor warnen Verkehrsschilder. Mit größeren Überschwemmungen und Hochwasser rechnet Roland Kriegsch in der Region aber nicht. "Die größeren Gewässer haben den Scheitelpunkt am Sonntag und Montagvormittag erreicht", sagt der Leiter des Weilheimer Wasserwirtschaftsamts. Mit wärmeren Temperaturen werde der tauende Schnee im meist ungefrorenen Boden versickern. "Hochwasser zeichnet sich nicht ab", sagt er.

Völlig erledigt ist Silvia Ulze am Montag. Die Geschäftsführerin der Tölzer Rehaeinrichtung NeuroKom hat mitgeholfen, Schnee vom Dach der zwei Häuser am Hauptsitz zu räumen. Besonders beeindruckt hat sie das Engagement der ehrenamtlichen Helfer von Bergwacht, Feuerwehr bis hin zur Bundeswehr. Am Samstag hätten diese bis abends um 19.30 Uhr Schnee vom Dach geschaufelt. "Das finde ich ganz toll", sagt Ulze. "Das Gefühl, in der Not helfen die Menschen zusammen, war einfach schön."

Genauso lobt der Wolfratshauser Polizeiinspektionsleiter, Andreas Czerweny die Einsatzkräfte. Die Schneelast gefährdete am Sonntagabend die Statik des Dienstsitzes. Zwischen 20 und 22 Uhr hatten 46 Mitglieder von Feuerwehren und technischem Hilfswerk bis aus Roding und Eichstätt das Dach geräumt. Czerweny schildert, dass Einsatzkräfte den Schnee vom Hauptgebäude mit dem Wasserschlauch abgespritzten. Damit sollte vermieden werden, dass die Fotovoltaikanlage beschädigt wird, wenn am Dach gearbeitet wird.

In Geretsried hat die Stadtverwaltung einen eigenen Krisenstab eingerichtet. Die Verwaltung hatte mehr als drei Dutzend Gebäude und Plätze zu Sperrzonen erklärt. Davon wurden einige wieder aufgehoben. Über die aktuelle Situation informiert die Stadt auf ihrer Homepage. In Münsing ist die Turnhalle wieder für den Betrieb geöffnet. Der katholische Pfarrverband Schäftlarn sagt wegen der Wetterlage alle Gottesdienste - in Hohenschäftlarn, Icking, Zell, Irschenhausen und Walchstadt - von diesem Dienstag bis Samstag, 19. Januar, ab.

Ob der Unterricht an den staatlichen Schulen am Mittwoch wieder regulär beginnt, wird laut der Tölzer Landratsamts-Sprecherin Marlis Peischer am Dienstag entschieden. Wie lange der Katastrophenfall ausgerufen bleibe, sei nach Stand von Montagnachmittag offen. Noch sind zahlreiche Straßen im Landkreis gesperrt. Wegen Lawinengefahr bleiben die Bundesstraße 307 zwischen Kaiserwacht und Sylven-steindamm sowie von Fall nach Vorderriß, die Forststraßen von Einsiedl in die Jachenau und von Vorderriß nach Wallgau zu. Wegen Schneebruchs gesperrt sind am Montagnachmittag weiterhin die Staatsstraßen von Dietramszell nach Holzkirchen sowie nach Endlhausen sowie einige Kreisstraßen (nähere Informationen auf der Landratsamt-Homepage).

Skibetrieb ist im Landkreis nur eingeschränkt möglich. Bis einschließlich Donnerstag, 17. Januar, sind die Herzogstandbahn und das dortige Berggasthaus geschlossen. Am Brauneck sind nur die Tallifte geöffnet. Das begründet Bergbahn-Geschäftsführer Peter Lorenz mit dem Katastrophenfall im Landkreis. Die Einsatzkräfte von Ski- und Bergwacht seien dadurch ausgelastet. Passiere ein Unfall im Skigebiet, wäre niemand zur Stelle, sagt Lorenz. Zudem habe sich die Gefahr von Schneebruch durch das Tauwetter erhöht. "Momentan ist es brandgefährlich." Am Mittwoch werde entschieden, wie es mit dem Skibetrieb weitergehe, berichtet Lorenz.

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SZ vom 15.01.2019
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