Süddeutsche Zeitung

Schäftlarner Einrichtung hilft bei der Erziehung:Eine Stütze für Familien

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Sozialpädagoge Lutz Hübner steht Eltern zur Seite. Sein Resümee fällt positiv aus, auch wenn die Nachfrage größer sein könnte.

Von Katharina Schmid, Schäftlarn

Es gibt Fälle, die vergisst selbst ein erfahrener Sozialpädagoge nicht so schnell. Etwa den eines Vaters, der seinen Sohn zehn Jahre lang nicht gesehen hat, weil die Mutter das nicht wollte. Bei einer Fackelwanderung im Januar kam es nach zähem Verhandeln mit den Eltern und dem Sozialreferat des Landratsamts München schließlich zu einem Treffen zwischen Vater und Sohn. "Auf neutralem Boden", wie Lutz Hübner sagt. Mittlerweile sind daraus drei Treffen geworden, das Verhältnis der Familie sei "in befriedigendem Zustand". Hübner leitet den Familienstützpunkt des Kindernetzes Schäftlarn. Der 62-jährige Sozialpädagoge hat die Wanderung im Januar organisiert und damit dieser Familie ein wenig Normalität ermöglicht.

Seit rund einem Jahr gibt es den Familienstützpunkt in Schäftlarn, der an das Familienzentrum des Kindernetz-Vereins angegliedert ist. Die Einrichtung ist eine von sieben im Landkreis München, gefördert durch das bayerische Familienministerium. In den Stützpunkten sollen Eltern bei Fragen zu Erziehung und Familienleben unterstützt werden, es sollen Bildungsangebote entwickelt und Treffpunkte für die ganze Familie geschaffen werden. Hübner versteht seine Stelle als Knotenpunkt. "Der Sinn des Familienstützpunkts ist es, als Lotse zwischen den Eltern und allen sozialen Trägern, die sich mit Familie beschäftigen, zu vernetzen", sagt der Sozialpädagoge.

Allein seit 2012 habe sich die Zahl der Menschen, die Angebote eines Familienzentrums oder -stützpunkts nutzen, verdreifacht, heißt es im Jahresbericht 2017 der beiden Schäftlarner Einrichtungen. Dennoch dauere der Prozess, den Stützpunkt bekannt zu machen, noch immer an. Die Angebote, die sich auch an Familien der Gemeinden Baierbrunn und Pullach richten, seien "zuerst zögerlich, zuletzt aber erfolgreich angenommen worden".

Bisher sei die Einrichtung jedoch in erster Linie in Schäftlarn bekannt. In den Nachbargemeinden sei die Lage etwas "schwieriger", sagt Hübner. In Pullach seien viele Träger aus München aktiv; in Baierbrunn öffneten sich gerade viele Türen, es seien bereits mehrere Veranstaltungen geplant. Durch die neue Zusammenarbeit mit dem Familienstützpunkt in Grünwald, der im April eröffnet wurde, erhofft sich Hübner weitere positive Impulse.

Der Sozialpädagoge ist zehn Stunden pro Woche im Familienstützpunkt und 30 Stunden als Erzieher in der Kinderkrippe des Kindernetzes tätig. Seine Arbeit im Stützpunkt umfasse ein "sehr großes Aufgabengebiet" und fordere "großen zeitlichen Aufwand", sagt Hübner. "Wenn eine Mutter von Familienleben, Ehe und Beruf überlastet ist, kurz vor dem Burnout steht, dann kommt sie zu mir", beschreibt er einen klassischen Fall. Oftmals würden Frauen vom Familienzentrum des Kindernetzes oder von Erziehern der Kinderbetreuungseinrichtungen an ihn verwiesen. "Ich komme dann, wenn gewünscht, in die Familie, schaue mir die Situation an, stelle der Frau eine Heilpädagogin vor, mit der sie sprechen kann, und wir machen zusammen einen Plan, um rauszukommen aus dem Tief", beschreibt er den möglichen Verlauf einer Beratung.

In den meisten Fällen reichten jedoch Gespräche im Stützpunkt oder der Krippe aus. Er sei kein "Tatütata-Familienretter", sagt Hübner. Vielmehr verstehe er sich als Anlaufstelle für Eltern, um Probleme präventiv zu besprechen und gegebenenfalls an die zuständigen sozialen Einrichtungen weiterzuleiten.

Zusätzlich zu den Beratungsgesprächen organisiert der Stützpunktleiter Diskussions- und Informationsabende, im vergangenen Jahr etwa zum Thema "Freiheit in Grenzen" oder zur Frage "Wie gehe ich mit Wutanfällen um". Die Abendveranstaltungen seien mit manchmal bis zu 20 Teilnehmern "gut besucht" gewesen, sagt Hübner, der Stützpunkt rund ein Jahr nach seiner Gründung im Februar 2017 aber noch immer "am Wachsen". Bedarf sei da, die Nachfrage aber noch nicht "so zahlreich", wie er sich das wünschen würde.

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Quelle:
SZ vom 11.05.2018
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