Süddeutsche Zeitung

Radfahren in Bad Tölz:Auf dem Weg zum Gesamtkonzept

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In der Befragung des ADFC kommt die Kreisstadt nur auf die Gesamtnote 4,2. Der neue Bürgermeister Ingo Mehner hat sich umfassende Verbesserungen vorgenommen und verspricht "eine innerstädtische Komplettlösung"

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Säße die Stadt Bad Tölz mit der Arbeit an ihren Radwegen in der Schule, würde sie gerade noch so am Sitzenbleiben vorbeischrammen. Die Gesamtnote, die sie vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) im Fahrradklimatest 2020 bekommt hat, beträgt 4,2 - das ist der schlechteste Wert aller drei Städte im Landkreis. "Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es kein Konzept der Stadt für den Radverkehr gibt, die Stadt kaum über Radwege und nur über eine unzureichende Beschilderung verfügt", fasst der ADFC-Kreisverband die Gründe für die unrühmliche Note zusammen.

Allerdings hat Bad Tölz inzwischen einen Bürgermeister, der voriges Jahr mit einem neuen Radwegekonzept im Wahlkampf für sich geworben hat. "Radfahren ist mir ein Herzensanliegen", sagt Ingo Mehner (CSU). Und zwei neue Radachsen hat er nun in einem ersten Schritt ausgewiesen: Die eine führt von der Flinthöhe in das Stadtzentrum, die andere von Gaißach-Mühl her in die Innenstadt. "Wir sind Sportstadt und Heilklimatischer Kurort, da steht es uns gut zu Gesicht, wenn wir den Ausbau der Radachsen vorantreiben, um so das Umsteigen vom Auto aufs Fahrrad attraktiver zu gestalten", meint Mehner.

Dem ADFC zufolge hat Bad Tölz noch viel zu tun. Mit einer 5,0 wurden die Ampelschaltungen für Radler besonders schlecht benotet, ebenso eine fehlende Strategie (4,8) und der mangelnde Komfort für Radfahrer (4,6) beanstandet. Der Kreisverband kommentiert die Ergebnisse für Tölz mit einem beinahe vernichtenden Urteil: "Radeln ist im Stadtgebiet teilweise lebensgefährlich." Kritisch wird auch angemerkt, dass das Fahrradfahren in der Fußgängerzone verboten sei, vernünftige Alternativrouten jedoch nicht angeboten würden.

"Termin noch unklar"

Mehner möchte noch heuer ein Alltags-Radwegekonzept aufs Gleis setzen. Dazu plant er eine große Tour mit Tölzerinnen und Tölzern, die sich "an konkreten Strecken mit ihren Anregungen zur Verbesserung der Fahrrad-Infrastruktur" einbringen sollen. Um genügend Feedback zu bekommen, hofft er auf eine starke Beteiligung an dieser Rundfahrt. Die wird aber erst möglich sein, wenn es die Pandemie-Lage wieder zulässt. Der Termin sei derzeit "noch unklar", sagt Mehner. So lange möchte er jedoch nicht warten, um die Situation für Radler zu erleichtern.

Das gilt zum einen für den Weg von der Straße Am Sportpark bis hinunter zur Salzstraße. Um das Radeln sicherer zu machen, wurde der Gehweg entlang der Staatsstraße 2072 - sprich: der Sachsenkamer Straße - für den Radverkehr in beiden Richtungen freigegeben. Dafür wurden neue Schilder montiert, am Abzweig der Kolpingstraße und an der Einmündung der Ruhlandstraße. Außerdem gibt es neue Bodenmarkierungen an der Abzweigung von der Sachsenkamer Straße zum Ellbachsteg und von der Ellbachzeile in die Salzstraße. Der Gehweg sei für Radler und Passanten breit genug, sagt Mehner. "Außerdem sind dort nur wenige Fußgänger unterwegs, weshalb wir das guten Gewissens für den Radverkehr freigeben konnten." Die Überlegung, die Salzstraße zu einer Einbahnstraße zu machen und auf der Gegenrichtung eine Spur für Radler einzuzeichnen, hat der Bürgermeister wieder verworfen. "In einer Einbahnstraße fahren die Autos schneller."

Die zweite Maßnahme: Den Gehweg entlang der Bundesstraße 13, der von Gaißach-Mühl her nach Tölz führt, dürfen Fahrradfahrer künftig zwischen Blombergstraße und dem Moraltverteiler ebenfalls in beiden Richtungen nutzen. Vom Moraltverteiler aus sollen die Radler dann vor der Jet-Tankstelle zur Isar hin abbiegen, dann zwischen Fluss und Moraltpark vorbei in die Kohlstatt und weiter zur Innenstadt gelangen. Auch dafür wurden schon zusätzliche Schilder aufgestellt. Allerdings gibt es noch Nachbesserungsbedarf: Der Radweg entlang des Moraltparks ist in schlechtem Zustand. Damit er gepflegt und beispielsweise von Glasscherben gesäubert werden kann, muss er erst einmal gut befestigt sein. Die Route durchgehend zu asphaltieren, sei jedoch nicht möglich,weil sich der Grund in Privatbesitz befinde, sagt Mehner. Außerdem müsse man noch mit dem Wasserwirtschaftsamt Weilheim reden, da es sich bei diesem Abschnitt um ein Überschwemmungsgebiet der Isar handle.

Dies sind nur erste Schritte auf dem Weg zu einem Radwegekonzept. Dem Bürgermeister, selbst passionierter Radler, schwebt eine "innerstädtische Komplettlösung" vor, "um frequentierte Tölzer Ziele für Radfahrer besserer und sicherer erreichbar zu machen". Allerdings dürfte dies kaum schon bis zum nächsten Fahrradklimatest zu erreichen sein. Bad Tölz habe wegen seiner Topografie und der Enge in der Altstadt nur wenig Potenzial für den Bau neuer Radwege, meint Mehner: "Es bedarf kreativer Ideen und auch Geduld."

Unter www.fahrradklima-test.adfc.de/ergebnisse können die einzelnen Städte aufgerufen werden

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SZ vom 09.04.2021
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