Süddeutsche Zeitung

Leben in der Pandemie:Eltern fordern mehr Verstärkerbusse

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Acht Zusatzfahrten sollen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen das Gedränge im Schulverkehr lindern. Eltern reichen die Maßnahmen jedoch nicht aus.

Von Florian Zick und Felix Haselsteiner

Um in Corona-Zeiten das Gedränge in den Schulbussen zu verringern, werden in Bayern derzeit 350 zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt. Acht dieser sogenannten Verstärkerbusse pendeln mindestens bis zu den Weihnachtsferien auch durch den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Viele Eltern haben trotzdem noch ein mulmiges Gefühl dabei, ihre Kinder mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Schule zu schicken. Denn nach Schulende seien die Busse noch immer so vollgepfercht wie vor Corona, sagt zum Beispiel Cornelia Herrnböck aus Waldram.

Herrnböcks Tochter besucht das Schulzentrum in Geretsried und nutzt für die Heimfahrt die Linie 379. Auf dieser Linie wird derzeit sogar tatsächlich eine zusätzliche Fahrt angeboten. Der reguläre Bus fährt in Geretsried um 13.17 Uhr los, der Verstärker dann um 13.50 Uhr. Das sei an sich zwar schön, aber natürlich viel zu spät, sagt Herrnböck. Denn die Kinder würden sich wegen der langen Wartezeit alle in den ersten Bus quetschen, der zweite sei dann oft fast leer. Herrnböck dringt deshalb darauf, das Busangebot noch einmal aufzustocken.

Im Tölzer Landratsamt kennt man diese Problematik. Nachdem sich die Beschwerden gehäuft haben, habe man sich die Situation am Geretsrieder Schulzentrum über einen längeren Zeitraum näher angeschaut, heißt es in einer Stellungnahme der Kreisbehörde. Bei den durchgeführten Zählungen seien jedoch keine überfüllten Busse aufgefallen. Zwar seien vereinzelt alle Sitzplätze belegt gewesen, so dass manche Schüler stehen mussten. In anderen Bussen sei dagegen noch sehr viel Platz gewesen. Deshalb habe man keine Grundlage, um beim Freistaat Fördermittel für weitere Busverbindungen anfordern zu können.

Der Verstärker auf der Linie 379 kommt auch deshalb so spät in Geretsried durch, weil der Bus eigentlich dazu gedacht war, die Situation am Tölzer Schulzentrum zu entzerren. Dort habe es tatsächlich Kapazitätsengpässe gegeben, sagt Matthias Schmid, der ÖPNV-Beauftragte im Landratsamt. Der Bus fährt also nach Schulschluss von Bad Tölz aus nach Wolfratshausen. Geretsried erreicht er dabei fahrplangemäß erst um 13.50 Uhr. Eine Wartezeit von circa 60 Minuten sei schülerbeförderungsrechtlich aber noch zumutbar, so Schmid.

Im Vergleich zu Geretsried wurde Bad Tölz in diesem Fall busmäßig also besser bedacht. Aber auch in der Kurstadt sind die Busse weiterhin ein Thema. Die Verstärker, die seit einigen Wochen im Einsatz sind, würden zwar durchaus helfen, sagt Alexander Göbel, Schulleiter am Tölzer Gabriel-von-Seidl-Gymnasium. Beseitigt sei das Problem allerdings weiterhin nicht. Regelmäßig würden sich Eltern über die Zustände auf dem Schulweg der Kinder beschweren, weil die Busse nach wie vor überfüllt seien. "Wir waren darüber auch schon im Kontakt mit dem Landratsamt", sagt Göbel - die Behörden hätten allerdings darauf verwiesen, dass in Bussen eben auch Stehplätze als Plätze zählten und die Kapazitätsanforderungen damit aufgefüllt seien.

Eine befriedigende Antwort ist das nicht, vor allem für die Eltern, die ihre Kinder nicht persönlich in die Schule bringen oder abholen können. Das Bilden von Fahrgemeinschaften hält Göbel aber auch für keine gute Lösung: "Dann sitzen die Kinder ja wieder gemeinsam in einem Fahrzeug." Für ihn als Schulleiter sei darüber hinaus auch wichtig, dass sich die Schulkinder richtig verhalten. Er habe von Gruppen gehört, die zu sechst in einem der Viererabteile gesessen hätten, um nicht stehen zu müssen. "Die Abstandsregeln und die Maskenpflicht müssen im Bus auch die Kinder einhalten", sagt Göbel.

Die acht Verstärkerbusse passieren übrigens allesamt Geretsried. Drei sind auf der Linie 379 zwischen Tölz, Geretsried und Wolfratshausen unterwegs. Vier verstärken die innerörtliche Linie des Geretsrieder Stadtbusses. Und auf der Line 375 über die Dörfer von Egling und Dietramszell fährt ein weiterer Zusatzbus - auch hier heißt das Ziel: Schulzentrum Geretsried. Cornelia Herrnböck und ihrer Tochter hilft das freilich nicht. Denn nach Waldram heißt es weiterhin: ab in den vollen Bus - oder fast eine Dreiviertelstunde warten.

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SZ vom 25.11.2020
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