Süddeutsche Zeitung

Rettungswesen:Auf dem Weg zur modernsten Feuerwehrschule

Lesezeit: 3 min

Die Einrichtung in Geretsried soll wieder einmal erweitert werden. Aktuell ist ein Unterkunftsgebäude mit doppelt so vielen Betten wie bisher geplant. Und Lehrkräfte, so sagt der Chef René Mühlberger, würden ohnehin ständig gesucht.

Von Felicitas Amler, Geretsried

Man kann sich an dieser Schule auch zur Fachinformatikerin Systemintegration oder zum Koch ausbilden lassen. Aber der Schwerpunkt der Staatlichen Feuerwehrschule Geretsried liegt anderswo: Jährlich werden an der Sudetenstraße 81 in rund 180 unterschiedlichen Sonder- und Führungslehrgängen mehr als 6200 Personen feuerwehrspezifisch weitergebildet, vom Brandschutz bis zum Krisenmanagement. Und es sollen noch mehr werden. Die Schule, die neben Würzburg und Regensburg die größte ihrer Art in Bayern ist, wird gerade zur modernsten ausgebaut. In Bayern gibt es 7700 Feuerwehren mit 320 000 Ehrenamtlichen.

Auf dem zehn Hektar großen Gelände entsteht ein 116 Meter langes neues Unterkunftsgebäude mit 86 Einzel- und drei Familienzimmern plus Mensa für 400 Mahlzeiten pro Tag. "Aufgeständert über eine offene Parkgarage für 170 Stellplätze arrondiert der klare Baukörper das vielgestaltige Campusgelände nach Westen ab", so beschreibt das Münchner Architekturbüro Schürmann Dettinger sein Projekt. Eine weitläufige Terrasse mit Speiseräumen biete, so heißt es weiter, hohe Aufenthaltsqualität. Schürmann Dettinger haben vor zwei Jahren den vom Bauherrn, dem Staatlichen Bauamt Weilheim, ausgelobten Wettbewerb für die Erweiterung gewonnen.

Die Pläne dafür sind deutlich älter. Schon der frühere Schulleiter Christian Schwarz sprach vor drei Jahren anlässlich einer vorangegangenen Erweiterung von dem umfassenden Konzept, das für die Modernisierung der Feuerwehrschule bereits vorlag. "Es muss mit Hochdruck umgesetzt werden", sagte er damals. Nun ist seit 2018 René Mühlberger Chef. Er sagt, die Schule müsse und könne sich "schon noch mal ein Stück weiterentwickeln". Er sei der Politik dankbar für "höchste Unterstützung und Rückhalt". Der geplante Ausbau werde im ersten Quartal 2021 Thema der Haushaltsberatung im Landtag sein. Ob der erste Spatenstich nächstes Jahr oder erst Anfang 2022 gesetzt werden könne, sei offen. Alles in allem rechnet der Schulleiter mit der Fertigstellung nicht vor 2024 - "mit allen Unsicherheiten, die so ein großes Projekt mit sich bringt". Will man die Größe des Vorhabens in Euro und Cent ausdrücken, wird es schwierig. Mühlberger sagt, es sei zunächst von rund 24 Millionen Euro die Rede gewesen. Die Politik wolle aber möglichst alle Unsicherheiten und Teuerungsraten berücksichtigt wissen, daher stünden etwa 40 Millionen in Rede.

Mühlberger, der in Bad Tölz aufgewachsen ist, fühlt sich dem Feuerwehrwesen "von frühester Kindheit an" verbunden. Er erinnert sich an einen Besuch der Feuerwehr in seinem Kindergarten "mit einem sehr großen Fahrzeug" - offenbar nachhaltig imposant. Im Jahr 1987 trat Mühlberger der Tölzer Wehr bei. Und nach seinem Chemie-Studium sei ihm die Wahl zwischen einer Laufbahn in der Forschung und jener, die er dann einschlug, nicht allzu schwer gefallen. Nach der Ausbildung für den höheren feuerwehrtechnischen Dienst war er von 2005 bis 2008 Dozent am Institut der Feuerwehr des Landes Nordrhein-Westfalen in Münster. Aber einen, der im Oberland groß geworden sei, ziehe es halt doch meist wieder hierher zurück, sagt Mühlberger, der inzwischen seit elf Jahren an der Geretsrieder Feuerwehrschule tätig ist.

Wie vielfältig und interessant diese Arbeit sein kann, zeigt ein Blick in die Spezialgebiete der Einrichtung: Ausbildung im Katastrophenschutz, für Verantwortliche in Integrierten Leitstellen und in der psychosozialen Notversorgung. Aber auch die Corona-Krise hat der Geretsrieder Schule einen besonderen Einsatz beschert. Just in jener Zeit, als der Schulbetrieb eingestellt werden musste, zwischen März und Mai, waren Mitarbeitende des Hauses damit beschäftigt, Corona-Testzentren für Reiserückkehrer an den Autobahnen A 8 und A 93 zu koordinieren. Außerdem waren sie im Auftrag des Landesamts für Gesundheit zusammen mit dem Technischen Hilfswerk und der Polizei am Beschaffungsprozess für medizinische Artikel beteiligt. "Obwohl kein Unterricht stattfand", so Mühlberger, "waren alle Kollegen tätig. Uns ist es da nie langweilig geworden."

Wie viele neue Stellen zu den bisher 80 kommen werden, bis die große Unterkunft steht, ist noch nicht klar; Mühlberger schätzt, um die 50. Aktuell wird die Schule um 14 Lehrkräfte und sieben Mitarbeitende im Service erweitert. "Wir suchen quasi ständig Lehrkräfte", sagt Mühlberger. Und die müssen nicht unbedingt aus dem Feuerwehrwesen kommen. Die Schule bildet auch selbst aus. Da seien schon Elektriker, Sanitäter oder Konditoren zu Feuerwehr-Spezialisten geworden, so der Chef.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5103210
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.11.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.