Süddeutsche Zeitung

Veranstaltung mit Petry:AfD braucht eine Alternative fürs Wirtshaus

Lesezeit: 2 min

Von Ingrid Fuchs

Ein Gasthaus voller AfD-Anhänger und Frauke Petry am Rednerpult? Seitdem die Parteivorsitzende Anfang des Jahres darüber spekuliert hat, die Grenze notfalls mit Waffen zu sichern, wollen viele Wirte lieber keinen Besuch mehr von den Rechtspopulisten. Beim Parteitag am vergangenen Wochenende in Stuttgart hat sich die Alternative für Deutschland in vielen Punkten klarer und deutlich radikaler positioniert. Zu radikal, findet etwa der Chef des Münchner Hofbräukellers, Ricky Steinberg - er sagte nun eine AfD-Veranstaltung mit Petry für den 13. Mai ab.

Bei der AfD ist man über diese Wende "überhaupt nicht überrascht", sagt der Chef des bayerischen Landesverbandes Petr Bystron. Er hält Steinbergs Begründung für vorgeschoben, schließlich habe man noch am Montag - also bereits nach dem Parteitag - noch ganz normal mit dem Wirt über die Pläne gesprochen. Nach Bystrons Ansicht ist es vielmehr Druck von außen, der Gastwirte dazu bringt, die Partei immer häufiger abblitzen zu lassen.

Dieser Druck komme zum einen von den zu erwartenden Protesten der Antifa-Bewegung, wie etwa im Februar in Deggendorf, als ein "politisches Starkbierfest" mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke abgesagt wurde. Zum anderen würden Bystron zufolge auch Vertreter etablierter Parteien den Wirten mit Konsequenzen drohen, wenn sie sich mit der AfD einließen. Beispiele? Zumindest in München wolle kaum ein Gastronom darüber sprechen, aus Angst, sich mit den "Seilschaften" anzulegen. " Die Wirte sind die Leidtragenden, die würden mit uns ein gutes Geschäft machen und müssen drauf verzichten", sagt Bystron.

Von solchen Zwängen hat Conrad Mayer, Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) München, noch nichts gehört. Ob jemand mit der AfD Verträge abschließe, "das muss jeder Wirt für sich selbst entscheiden, wir machen als Verband keine politischen Vorgaben". Bei Anfragen anderer Parteien sei es einfach, diese einzuschätzen. "Die kennt man seit Jahrzehnten", sagt Mayer. "Bei der AfD weiß man nicht, wo das hindriftet. Deshalb rate ich zur Vorsicht." Ohnehin empfehle Dehoga, in die Geschäftsbedingungen eine Klausel aufzunehmen, die festschreibe: "Wenn die Veranstaltung in irgendeiner Form schädlich für den Betrieb ist, darf der Wirt absagen."

In einer Initiative, die Dehoga zusammen mit der städtischen Fachstelle gegen Rechtsextremismus im Mai vergangenen Jahres vorgestellt hat, gibt es zudem die Empfehlung, eine antirassistische Klausel einzufügen. Die soll, sobald rechtspopulistische Absichten bekannt werden, eine sofortige Kündigung ermöglichen.

Ricky Steinberg hatte sich, bevor er zusagte, durchaus Gedanken darüber gemacht, mit wem er da einen Vertrag eingeht. "Darf man eine Partei, die so viel Zuspruch in der Bevölkerung bekommt, einfach aussperren?", fragte er sich. Nun beruft er sich auf einen Passus in seinen Geschäftsbedingungen, wonach er bei Sicherheitsbedenken Veranstaltungen absagen könne - und die habe er jetzt, neben der Sorge um seinen Ruf. Von politischem Druck ist in Steinbergs Absage nicht die Rede.

In einer Woche sollte Frauke Petry im Hofbräukeller auftreten. Bystron gibt sich betont gelassen. "Wir versuchen jetzt zunächst mit dem Wirt zu sprechen, und wenn es keinen Konsens gibt, werden wir das juristisch prüfen lassen." Und wenn daraus nichts wird? Dann könne die Stadt ja zur Abwechslung mal die AfD unterstützen, sagt Bystron, "und uns den Gasteig zur Verfügung stellen".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2982923
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 07.05.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.