Süddeutsche Zeitung

Umweltschutz:In diesem Supermarkt gibt es keine Verpackungen

Lesezeit: 2 min

Von Andreas Schubert

Sich seinen Gin und seinen Wodka selber zapfen und in der mitgebrachten Flasche nach Hause tragen - wo geht das schon? Wo bekommt man Zahnputzpillen, für die es keine Tube braucht? Und wie bitteschön kommen Nudeln ohne das sonst übliche Plastik oder Papier drumherum aus? Wer von diesem Samstag an in der Schellingstraße 42 vorbeischaut, wird lernen, dass es ziemlich viele Dinge des täglichen Bedarfs auch ohne überflüssige Verpackung gibt.

Deshalb nennt sich der Laden, den Hannah Sartin, Christine Traub und Carlo Krauß eröffnen, auch "Ohne - der verpackungsfreie Supermarkt". Er ist der erste seiner Art in München. Zwar gibt es in Haidhausen schon seit einiger Zeit den Laden "Plastikfreie Zone". Doch im Unterschied zu diesem Konzept ist das Sortiment von Ohne mehr auf Lebensmittel ausgerichtet, fast wie in einem normalen Supermarkt. Und selbst Papiertütchen sollen als Verpackung nur im Notfall zum Einsatz kommen.

Was es alles zu kaufen gibt

Etwa 350 Artikel gibt es hier. Die meisten werden aus Gläsern und Spendern abgefüllt. Lebensmittel, die sie an der Schellingstraße partout nicht offen verkaufen können, zum Beispiel Milch oder Joghurt, gibt es immerhin in Pfandgebinden. Auch Bier und Bionade gehören zum Angebot. Die geplante Käsetheke soll erst später kommen, dafür gibt es eine kleine Bistroecke, wo Kunden einen Kaffee trinken oder ein wechselndes vegetarisches Tagesgericht essen können.

Vegetarisch ist ein weiteres Stichwort, das das Konzept des Supermarktes beschreibt, Fleisch verkaufen sie hier nicht. Überdies sind sämtliche Produkte im Ohne-Laden bio und stammen, sofern es irgendwie geht, aus der Region. Bio-Dinkelnudeln etwa kommen aus Moosinning im Landkreis Erding, das Bio-Gemüse vom Münchner Startup Etepetete, das mit krummem Gemüse handelt, das optisch nicht den Normen entspricht. Und den Schnaps liefert die Duke-Destillerie quasi gleich von nebenan.

Es geht den Betreibern um Nachhaltigkeit. Darum, die Umwelt nicht unnötig zu belasten und bei den Menschen ein Bewusstsein für die alltägliche Verschwendung zu wecken. Auf die Idee kam Hannah Sartin unter anderem durch das Buch der in den USA lebenden Französin Bea Johnson "Zero Waste Home" - eine Anleitung zum Leben ohne Müll. Auch ihre Familie vermeide Müll, das sei gar nicht so schwierig, sagt Sartin. "Man darf nur nicht die ganze Zeit daran denken."

Was die Produkte im Vergleich kosten

Freilich sind die Preise in dem neuen Laden etwas höher als in konventionellen Supermärkten, aber im Bio-Segment entspreche man dem Durchschnitt, versichert Sartin. Denkt man aber daran, dass Kunden hier keine Standardpackungen kaufen müssen und individuelle Mengen abfüllen können, lässt sich sogar etwas sparen, weil man potenziell weniger Lebensmittel wegschmeißen muss.

Am Freitagvormittag, einen Tag vor der Eröffnung, ist das Team im Aufbaustress. Familienmitglieder der Supermarkt-Quereinsteiger helfen fleißig mit. Die Regale mit den Spendergläsern, die Carlo Krauß, der Ingenieur, selbst entworfen und gebaut hat, müssen noch befüllt werden. Überall stehen Kisten, die noch ausgepackt gehören - und man sieht den Betreibern an, dass sie die letzte Nacht durchgearbeitet haben.

Doch trotz der Anstrengung sind alle im Laden fröhlich. "Ich freue mich total", sagt eine strahlende Christine Traub. Die Betriebswirtin ist die Geschäftspartnerin des Ehepaares Sartin und Krauß. Kennengelernt haben sie sich, weil Traub dieselbe Idee hatte. Geld für den Laden trieben sie im Internet über Crowdfunding auf. Viele Unterstützer glaubten an die Idee, 48 000 Euro Startkapital kamen zusammen. Am Samstag, zwei Jahre, nachdem Hannah Sartin, eine Schneiderin, und ihr Mann beschlossen, den Laden zu realisieren, sollen von 11 Uhr an die ersten Kunden kommen. Wer sich vorab online informieren will: www.ohne-laden.de.

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Quelle:
SZ vom 20.02.2016
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