Süddeutsche Zeitung

Szene München:Ein jeder trage des anderen Biertragerl!

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Bierkästen schleppen ist schwer, darum gibt es jetzt das sogenannte Tragerltragerl. Bleibt nur die Frage: Wer tragerlt eigentlich das Tragerltragerl?

Kolumne von Elisa Britzelmeier

Der junge Münchner ist praktisch den ganzen Sommer lang damit beschäftigt, Zeug entweder an die Isar oder in den Englischen Garten zu schleppen: Bierkästen, Grills, Picknickdecken, Gummitiere, Kinder. Wahrscheinlich würde er auch noch bis in den Winter hinein damit weitermachen, käme ihm nicht irgendwann die Wiesn dazwischen.

Es ist daher nur logisch, dass in München nun etwas erfunden wurde, das der Menschheit im Allgemeinen und dem jungen Münchner im Besonderen das Leben verbessert. Das Tragerltragerl hilft, wie der Name schon verrät, ein Tragerl Bier zu tragen. Mit einem simplen Gurt wird der Kasten zum Rucksack. Der Tragerltragerlträger hat somit beide Hände frei, um parallel Whatsapp-Nachrichten zu beantworten oder Wegbier zu trinken. Er kann sogar radlfahren, mit Tragerl auf dem Rücken, als Tragerltragerlradler quasi.

Mit Hilfe des Tragerltragerls kann man angeblich sogar zwei Tragerl auf einmal schaffen, eines vorne, eines hinten. Frei nach der Bibel: Ein jeder trage des anderen Tragerl. Auszuprobieren wäre noch, ob das Tragerltragerl auch dafür geeignet ist, an Stelle des erfolgreich geleerten Kastens am Ende den Mittrinker abzutransportieren. Manche übertreiben es ja ab und an mit dem Bier. Sollte es den Tragerltragerlträger selbst treffen, dann bräuchte man wohl ein Tragerltragerlträgertragerl, um ihn heimzutragerln, und zur Bedienung desselben einen Tragerltragerlträgertragerlträger.

Das Tragerltragerl eröffnet gänzlich neue Möglichkeiten auf dem Gebiet "Erfindungen, die den Alltag erleichtern und einem Unangenehmes abnehmen": Ein Waschmaschinenwascherl für den Fall, dass die Waschmaschine mal gesäubert werden muss, ein Radlradl für all die Situationen, in denen das Fahrrad irgendwo stehen gelassen wurde und dringend zum Besitzer transportiert werden sollte, und die Whatsappapp, die einem endlich die Beantwortung all der lästigen Nachrichten abnimmt.

Was wohl Atlas, der im alten Griechenland bekanntlich das Himmelsgewölbe trug, zum Tragerltragerl gesagt hätte? Wahrscheinlich hätte er sich über die enorme Arbeitserleichterung gefreut, sich vor lauter Freude im Isar-Athen an den Fluss gelegt und das vom Tragerltragerlträger angeschleppte Bier getrunken. Allerdings hätte dabei schon jemand gut aufpassen müssen, dass er nicht zu viel erwischt. Atlas ist bekanntlich ein Titan, also recht groß und schwer. Und ein Weltenträgertragerl ist halt einfach noch nicht erfunden worden.

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Quelle:
SZ vom 24.08.2017
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