Süddeutsche Zeitung

Ausstellung in Weßling:Kunstwerke vorm Vergessen gerettet

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Die Weßlinger Gemeindegalerie zeigt Bilder der Malerfreunde Joseph Dahlem und Otto Kopp - und führt mit der Ausstellung in eine vergangene Zeit.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Der eine war begnadeter Tiermaler, der andere expressiv malender Kunstprofessor - beide haben an der Münchner Kunstakademie studiert und sie einte ihre Liebe zu Weßling. Und nicht nur das. Befreundet sind auch ihre Sammler, Erich Rüba, er sammelt Gemälde von Joseph Dahlem (1872-1955) und Walther Lehnert, er besitzt Werke von Otto Kopp (1879-1947). In der Gemeindegalerie wurden die Malerfreunde nach Jahrzehnten zumindest mit ihren Bildern wieder vereint. "Joseph Dahlem - Otto Kopp, zwei ziemlich beste Freunde", lautet der Titel der Ausstellung. Kopp hatte den Weßlinger Dahlem während seiner Sommerfrische am Weßlinger See kennengelernt und dort auch einige seiner Bilder gemalt. Rüba und sein Bremer Freund Lehnert haben jetzt Werke aus ihren Sammlungen für die Ausstellung beigesteuert.

Die beiden haben sich vor mehr als 30 Jahren kennen gelernt. Während seiner Recherchen über das Leben des Malers Heinrich Brüne sei Rüba auf dessen Urgroßneffen aufmerksam geworden. Es war Walther Lehnert, der wie Rüba seit jungen Jahren Kunst sammelt. "Über das gemeinsame Interessengebiet der Kunst wurde man zu ziemlich besten Freunden", berichtet Lehnert im Vorwort zum Ausstellungs-Katalog, den er gemeinsam mit Rüba herausgegeben hat. Am Sammeln faszinieren Rüba nicht nur die Bilder, sondern auch die "persönliche Geschichte hinter den Kunstwerken".

"Sammeln heißt nicht nur Anhäufen von Kunstwerken, es bedeutet, sich dem Leben der Maler forschend anzunähern", stimmt Lehnert zu. Dazu ist oft detektivischer Spürsinn notwendig. Von Otto Kopp fehlt beispielsweise ein Nachlass in Form von Briefen oder Berichten, beziehungsweise "es ist nicht bekannt, wo der Nachlass dieses zu Unrecht vergessenen Malers schlummert", bedauert Lehnert und konstatiert: "Der Sammler muss zum Forscher werden, muss noch lebende, sich erinnernde Zeitgenossen aufspüren, sich hilfesuchend an öffentliche Institutionen werden, aber auch Heimatforscher aufspüren". Dabei können sogar Beschriftungen oder Aufkleber auf Keilrahmen helfen. Bei einem Blumenstillleben von Kopp wurde ein aufgeklebtes Dankschreiben entdeckt. Daraus ließen sich der Aufenthaltsort des Malers, sein Auftraggeber, die Höhe der Bezahlung und anderes ablesen. Der große Aufwand solcher Recherchen lohne sich allemal, so Lehnert, denn die Maler hätten es "durch ihr künstlerisches Können verdient, nicht vergessen zu werden".

Dahlem und Kopp führen in der Ausstellung mit ihren Gemälden in eine vergangene Zeit. Ein Bärenführer mit seinem Tanzbären ist 1902 ein Anziehungspunkt auf der Weßlinger Dorfstraße. Dahlem hat ihn fotografiert und viele Jahre später das Motiv aufgegriffen und in Öl verewigt. Das Bildchen hat ihm wohl viel bedeutet. Die Tochter berichtete Rüba, dass es bis zum Tode des Malers im Atelier neben der Malstaffelei gestanden habe. Berührend ist das Gemälde eines Hochstadter Austragsbauern. Die großen Hände zeugen von harter Arbeit und liegen jetzt still, gebeugt sitzt der alte Mann auf einem Stuhl. Er wirkt abgeklärt, angekommen am Ende eines entbehrungsreichen Lebens.

Die wahre Leidenschaft Dahlems waren aber Vogelbilder. Studienaufenthalte in Südtirol befeuerten seine Begeisterung für Natur, Tiere und Jagd. Nur wenige Pinselstriche brauchte der passionierte Jäger um Grünspecht, Rotschwänzchen, Distelfink und Co. naturgetreu abzubilden. Ein bescheidener, zufriedener Mensch sei Dahlem gewesen, so Rüba. Während der Lebenslauf des Familienmenschen Dahlem nachvollziehbar ist - liegt bei Kopp, der kinderlos geblieben ist, vieles im Dunkeln. Belegt ist seine berufliche Laufbahn als Professor an der Münchner Akademie. Und es gibt seine Kunstwerke. Kopps Bilder sind kraftvoll, intensiv und vielseitig. Er gestaltete auch Gebrauchskunst wie Plakate für die Gauklerbälle der Kunstakademie, Werbepostkarte und Plakate. Es ist nicht immer die reine Idylle, die Kopp auf die Leinwand bringt. "Morgenrot" ist der Titel einer düsteren Lithografie, die ein sich vor Schmerz aufbäumendes Pferd und einen gefallenen Soldaten zeigt.

Noch während des Aufbaus der Ausstellung gelang Rüba ein weiterer Sammelerfolg. Kurz vor der Eröffnung bekam er eine von Dahlem gemalte Ansichtskarte. Sie hatte jahrelang im Antiquariat gegenüber der Straße gelagert. Die Ausstellung "Joseph Dahlem - Otto Kopp, zwei ziemlich beste Freunde" ist noch bis zum 20. November in der Weßlinger Gemeindegalerie (Hauptstraße 57) zu sehen.

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