Süddeutsche Zeitung

Nach Corona-Pause:Die Bayerische Seenschifffahrt startet am Karfreitag in ihre Saison

Lesezeit: 3 min

Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause darf Schifffahrts-Wirtin Anna Klose wieder Gäste auf den Dampfern empfangen. Dabei ist Organisationsgeschick gefragt - auch wegen des Kriegs in der Ukraine.

Von Astrid Becker, Stegen

Dieses Strahlen ist echt. Anna Klose verzieht nicht nur ihren Mund zu einem Lächeln, nein, ihre Augen leuchten vor Freude. Zwei Jahre lang hat die Schifffahrts-Wirtin nun wegen der Pandemie keine Gäste auf den Ausflugsdampfern bewirten dürfen. Es gab keine Erlebnisfahrten, kaum Hochzeitsfeiern, keine Partys und keine Veranstaltungen auf den Schiffen - weder auf dem Starnberger See noch auf dem Ammersee, den die 51-jährige Tochter des Gastronomen Paul Müller maßgeblich betreut. Eine schwierige Zeit sei das gewesen, sagt sie. "Deshalb freue ich mich jetzt so wahnsinnig darauf, dass es wieder los geht."

Seit 1999 ist die dunkelhaarige Frau nun schon Schifffahrtswirtin am Ammersee. Damals hatte ihr Vater, Paul Müller, den Zuschlag für Ausschank und Bewirtung der Kioske auf den Ausflugsdampfern des Starnberger Sees und des Ammersees bekommen. Lange Jahre führten er und seine Familie in Inning den Gasthof zur Post, später auch noch den "Alten Wirt" im Seefelder Ortsteil Hechendorf.

"Meine Eltern haben sich in München in der Gastronomie kennengelernt und schon damals beschlossen, noch ein paar Jahre ranzuklotzen, um sich dann selbstständig zu machen." Der Plan ging auf: Nach den beiden Wirtshäusern im Fünfseenland übernahm die Familie zunächst die Schiffskioske am Ammersee, 2003 kam dann auch die Bewirtung von Gästen für den Starnberger See dazu.

Aus den einst einfachen Kiosken ist mittlerweile funktionierende Gastronomie geworden. Anna Kloses Vater Paul hatte von Anfang an das Ziel verfolgt, das kulinarische Angebot auf den Schiffen auszuweiten. Mit der damals neuen MS Herrsching war ihm dieser Wunsch erfüllt worden: "Wir waren maßgeblich in die Planungen des Schiffs involviert", erzählt Anna Klose. Das Schiff war das erste, das über eine Küche verfügte, eine Kühlung, eine Schankanlage und allem anderen, was für den gastronomischen Betrieb notwendig ist. Deshalb sei die Herrsching auch noch immer ihr Lieblingsschiff, sagt die Wirtin.

Mittlerweile jedoch ist nahezu die komplette Flotte am Ammersee ausgetauscht worden. Die Paul Müller Schiffsgastronomie GmbH, wie der Betrieb von Klose und ihrem Vater offiziell heißt, war immer in jede Neuplanung involviert: "Wir profitieren ja beide davon: die Schifffahrt und wir." Und mittlerweile auch Kloses Kinder: Einer ihrer Söhne, der 25-jährige Paul, wird in diesem Jahr zum ersten Mal als Küchenmeister mit dabei sein. Und sein ein Jahr jüngerer Bruder Valentin hilft dieser Tage ebenfalls bei den Vorbereitungen auf den Saisonstart mit.

Der Ukraine-Krieg bleibt auch für die Schifffahrtswirtin nicht ohne Konsequenzen

Es ist viel zu tun nach den zwei Jahren Corona-Zwangspause. Das beginnt beim Putzen: "Wir mussten alles komplett ausräumen und alles komplett reinigen, Decken, Wände, einfach alles", sagt Klose. Zu vergleichen sei das mit dem Umzug eines Haushalts von einer Wohnung in die nächste.

Anders als früher ist zudem auch mehr Organisations- und Improvisationsgeschick gefragt. Denn der Ukraine-Krieg bleibt auch für die Schifffahrtswirtin nicht ohne Konsequenzen: Speiseöl beispielsweise ist rationiert. "20 Liter pro Person und Woche, mehr gibt es grad nicht. Ich verbrauche aber 100 Liter pro Woche". Also werden Familienmitglieder und Freunde losgeschickt.

Auch Senf werde zunehmend knapp, erzählt ihr Sohn Valentin: "Klar, auch da ist Öl drin." Und dann sind da auch noch die Fässer mit alkoholfreien Getränken: "Da gibt es gerade überhaupt keine, die zu unseren Leitungen passen." Also steigt die Schiffsgastronomie auf Flaschen um. Auch nicht so einfach, denn der Platz, den sie auf den Schiffen zur Verfügung hat, ist knapp.

Auf der Herrsching, mit der die Saison am Freitag um 10.25 Uhr beginnt, misst die Küche etwa 25 Quadratmeter, die Lagerflächen dahinter im Schiffsrumpf sind deutlich kleiner. "Aber wir werden das schon schaffen", sagt Klose. Allerdings fehlt ihr noch jede Menge Personal: "15 Leute könnten wir schon noch brauchen." Doch in der Gastronomie wolle im Landkreis Starnberg derzeit niemand arbeiten: "Das war zumindest das, was wir vom Arbeitsamt gehört haben."

Dennoch: Anna Klose ist niemand, der sich entmutigen lassen würde. Wie ihr Vater, mit dem sie neben der Schiffsgastronomie auf den beiden großen Gewässern des Fünfseenlands auch noch das Wendelsteinhaus führt, liebt sie ihren Job über alles - und die Bayerische Seenschifffahrt weiß ihre Pächter durchaus zu schätzen: "Wir arbeiten seit so vielen Jahren zusammen, und wir sind froh, sie als Wirte zu haben", sagt auch der Schifffahrts-Geschäftsführer Michael Grießer. Während der Pandemie sei man ihnen deutlich mit der Pacht entgegengekommen: "Wir wollen sie ja nicht verlieren."

Ans Aufhören denkt auch Anna Klose nicht, hat sie wohl auch während der Zwangspause nicht einen Moment in Erwägung gezogen: "Wenn es nach mir ginge", sagt sie, "würde ich auch noch im Jahr 2083 Gäste auf den Schiffen bewirten."

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