Süddeutsche Zeitung

Ausflügler im Landkreis Starnberg:Ausflugsticker ohne aktuelle Daten

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Das Angebot soll Touristen lenken, doch es beruht nur auf Erfahrungswerten. An Fronleichnam wurde es nicht aktualisiert - und zeigte Parkplätze an, die belegt waren.

Von Jessica Schober, Starnberg

Ein sonniger Feiertag reicht und das Chaos bricht aus. Überfüllte Parkplätze, handtuchbelegte Strände: Am Donnerstag ist das Fünfseenland wieder von Besuchern überschwemmt worden. Schaute man jedoch auf den Ausflugsticker der Region Starnberg-Ammersee, der die Auslastung der Parkplätze und sogenannter Hotspots sichtbar machen will, datierte der letzte Eintrag vom frühen Nachmittag des Vortags: 80 Prozent Auslastung für den Parkplatz in den Stegen am Ammersee gab der digitale Service den ganzen Feiertag über an - da sprang mancher vielleicht noch hoffnungsvoll ins Auto. Wer jedoch vor Ort ankam, musste schnell feststellen, dass hier schon lange kein einziger Parkplatz mehr frei war. Autokolonnen und Grünstreifenparker prägten das Bild.

Bislang sind die Angaben des Ausflugstickers, der inzwischen in ganz Bayern zum Einsatz kommt, lediglich Schätz- und Erfahrungswerte, keine Echtzeitdaten. Auch wenn der Name Aktualität suggeriert, basieren die Informationen nicht etwa auf Beobachtungen vor Ort, sondern sind lediglich Prognosen. Je nach vorausgesagter Wetterlage schieben die Mitarbeitenden der Gesellschaft für Wirtschafts- und Tourismusentwicklung (GWT) einen virtuellen Regler nach rechts oder links, um die Auslastung der Ausflugsziele vorherzusagen. Für Fronleichnam sei Gewitter angesagt gewesen, sagt GWT-Chef Christoph Winkelkötter. Das kam nicht - dafür kamen immer mehr Gäste. "Wir werden wieder Teams bilden, um den Ausflugsticker auch an den Wochenenden aktuell zu halten", sagt Winkelkötter.

Genutzt wird der Ausflugsticker der Region Starnberg-Ammersee indes wenig. Die erste Version erhielt laut Winkelkötter in knapp einem Jahr seit Mai 2020 insgesamt 200 000 Klicks. Seit der Veröffentlichung der neuen Version diesen März haben bis Ende Mai 1200 Nutzer den Ticker direkt auf www.starnbergammersee.de angeklickt, sagt Sarah Lulay vom Verein Tourismus Oberbayern-München. Dazu kommen Nutzer des Angebots des Freistaats auf www.ausflugsticker.bayern.

Dabei wird die Besucherlenkung des Ausflugstickers gern als "innovatives Leuchtturmprojekt" beschrieben, die Plattform hat jüngst sogar den ADAC-Tourismuspreis Bayern gewonnen. Will man jedoch eine Alternative zum überfüllten Badeparkplatz in Stegen finden, wird einem der 36 Kilometer entfernte Bismarckturm in Berg als Ziel empfohlen.

Aktuell schreibt Winkelkötter an einem Antrag des Regionalmanagements an das bayerische Wirtschaftsministerium, um bis zu 100 000 Euro Zuschuss zu erhalten. Unter anderem könnten davon Parkplätze mit Schranken oder Induktionsschleifen ausgestattet werden, um Echtzeitdaten an den Ausflugsticker melden. Doch das ist noch Zukunftsmusik. "Die Parkplätze Percha Beach, Paradies, Stegen, Oberndorf und Wörthsee schreien ja geradezu nach einer digitalen Lösung." Frühestens kommenden Sommer könnte eine Stelle für den Ausbau geschaffen werden, schätzt Winkelkötter.

Bis die Digitalisierung voranschreitet kann, will die GWT auf menschliche Meldekompetenz setzen. Die Parkplatzwächter der Gemeinden, zum Beispiel im Possenhofener "Paradies", könnten an den Ausflugsticker melden, wenn ein Parkplatz überfüllt ist. Dazu sollen die Mitarbeiter geschult werden, schon diesen Sommer könnten sie zum Einsatz kommen. Einige Gemeinden hätten die Zusammenarbeit angeboten. "Mein Traum ist es, dass wir in Zukunft den anreisenden Ausflüglern noch im Auto eine Nachricht aufs Handy schicken können, wenn der Parkplatz, den sie ansteuern, überfüllt ist", sagt Winkelkötter.

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SZ vom 05.06.2021
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