Süddeutsche Zeitung

Naturschutz:Die Wasserqualität im Fünfseenland könnte besser sein

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Die Seen erreichen nach ökologischen Kriterien die zweitbeste Kategorie. Die Würm und einige Bäche bieten Fischen nur mäßige Bedingungen. Die Gewässer im Überblick:

Von Armin Greune, Drößling

Um die Qualitätskriterien der EU-Wasserrahmentrichtlinie zu erfüllen, muss in Deutschland bis 2027 noch viel geleistet werden: Bundesweit ist bislang nur bei 15 Prozent der Fließgewässer ein guter Zustand erreicht. Im Landkreis Starnberg sieht die Situation zwar wesentlich besser aus, doch auch hier besteht Handlungsbedarf: In Würm, Inninger Bach und den Zuflüssen des Starnberger Sees finden Tiere nur mäßige Lebensbedingungen vor. Und im Detail gibt es noch versteckte Abwasserrohre oder Mischwassereinleitungen in Bäche. Zudem müssten einzelne Kläranlagen ertüchtigt werden, sagte Robert Kapa, Sachgebietsleiter für Biologie am Wasserwirtschaftsamts Weilheim (WWA), bei einer Ackerbautagung in Drößling.

Wie er am Freitag erläuterte, werden für die Richtlinie im Landkreis Starnberg die vier größten Seen und vier Fließgewässer regelmäßig überwacht. Ammer-, Wörth-, Pilsen- und Starnberger See seien vor allem dank der Ringkanalisation alle in der zweitbesten Zustandskategorie ("gut") eingestuft. An einzelnen Monitoringorten an den Ostufern von Starnberger und Ammersee ergaben sich allerdings für Bodenbewuchs oder pflanzliches Plankton nur "mäßige" Werte. Wörthsee und Pilsensee wiederum glichen nur mäßiges Wachstum an Wasserpflanzen durch sehr gute Bestände an freischwebenden Algen aus. Der Fischreichtum wurde von Kapa im Wörthsee mit sehr gut, in Starnberger und Ammersee mit gut bewertet.

Das sieht in der Würm anders aus: Dort, wie auch in den Zuflüssen zum Starnberger See - Lüß-, Rötel- und Maisinger Bach -, finden Fische nur noch mäßig geeignete Lebensräume vor. Das WWA hält daher Maßnahmen für nötig, um die Durchgängigkeit der Gewässer zu verbessern. Für die Würm im Bereich Starnberger See bis Gauting liegt bereits der Entwurf eines Umsetzungskonzeptes vor, der im Februar mit den Betroffenen diskutiert wird. Eventuell müssen Wehre zurückgebaut sowie Fischaufstiegsanlagen und Umgehungsbäche verbessert werden. Den Stromerzeugern könnten auch Ertragseinbußen drohen, wenn sie beim Kraftwerksbetrieb mehr Restwasser für die Fische in der Würm belassen müssen, sagt Kapa auf Nachfrage. Für die Zuflüsse zum Starnberger See sind langfristig weitere Aufstiegshilfen vorgesehen, die Fischen Wanderungen ermöglichen.

Bulach- und Inninger Bach, also Zu-und Abfluss des Wörthsees, sind in ökologischer Hinsicht sogar nur in der zweitschlechtesten von fünf Zustandsstufen. Dort sind vielerorts die Krebse, Muscheln, Schnecken, Würmer und Insektenlarven im Bachboden beeinträchtigt. Die Zuflüsse des Ammersees im Kreis Starnberg sind hingegen in gutem ökologischen Zustand: Der Kienbach gehöre sogar zu den raren Gewässern, wo sich die Lebensbedingungen jüngst verbessert haben, sagte Kapa.

Was die Nitrat-Belastungen im Grund- und Trinkwasser betrifft, verzeichnet das Messnetz des WWA im Fünfseenland derzeit zwar keine Grenzwert-Überschreitungen - wie es etwa weiter westlich im Einzugsgebiet des Lechs der Fall ist. Doch insbesondere in einer Quelle bei Oberalting ergab sich eine doch bedenkliche Nitratkonzentration über 37,5 Milligramm pro Liter. An zwei weiteren Messstellen lag der Wert oberhalb von 25 mg/l, was etwa in der Schweiz als Grenzwert herangezogen wird. In Deutschland müssen erst Maßnahmen ergriffen werden, wenn mehr als 50 mg/l Nitrat registriert werden. Denn Nitrat wird im Körper teilweise zu giftigem Nitrit umgewandelt, das bei Säuglingen eine lebensgefährliche Blausucht hervorrufen kann. Zudem bildet Nitrit mit Aminen krebserzeugende Nitrosamine.

Im Fünfseenland "passen nun die Ergebnisse", freute sich Stefan Gabler, Chef des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Weilheim, nachdem dort vor mehr als 20 Jahren die Nitratwerte bedrohlich angestiegen waren. Seine Behörde sei vom Ministerium angehalten worden, dem Gewässerschutz einen besonders hohen Stellenwert einzuräumen. Im Mittelpunkt der Ackerbautagung stand daher auch die neue Düngeverordnung, die für Bauern beim Ausbringen von Festmist und Odel strengere zeitliche Einschränkungen enthält und die Mindestabstände zu Gewässern ausweitet. Unter den etwa 60 Anwesenden in Drößling wurden freilich auch Stimmen laut, die eine einseitige Schuldzuweisung für Gewässerverschmutzungen an die Bauern kritisierten. So war im Herbst nicht die Landwirtschaft, sondern ein Rohrbruch für das vorübergehend verkeimte Trinkwasser in Wörthsee verantwortlich. Und Michael Schreiner warnte vorsorglich davor, es den Hadorfer Landwirten in die Schuhe zu schieben, wenn der Brunnen in Mamhofen demnächst höhere Nitratwerte aufweise: "Mit dem Bau der Westumfahrung ist ein explosionsartiges Ansteigen zu erwarten."

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SZ vom 13.01.2018
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