Süddeutsche Zeitung

Literatur im Rathaus:Ein Pop-up-Store für kleine Verlage

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Die "Münchner Buchmacher" bespielen seit kurzem einen Laden im Rathaus - für sie alle ist es nicht einfach, im Buchhandel sichtbar zu sein.

Von Antje Weber

Noch fehlt das große Schild am Eingang, "Münchner Buchmacher" wird darauf stehen. Doch die Eröffnung musste schnell gehen; erst vor zwei Wochen bekamen die sieben unter dem Namen zusammengeschlossenen Verlage die Zusage, im Rathaus zwischen Schirm-Geschäft und "München-Ticket" einen Laden zwischennutzen zu dürfen. Binnen weniger Tage haben sie geputzt, einen Boden verlegt und "Regale im Akkord zusammengekloppt", wie Martin Arz vom Hirschkäfer Verlag erzählt. Und dann, am ersten Dezember: "Zack, auf!"

Die ersten Flyer zu diesem Pop-up-Projekt zog vor einer Woche eine strahlende Bettina Deininger vom Austernbank Verlag aus der Tasche. Da stand sie mit vielen Kollegen im Literaturhaus bei der Verleihung des Bayerischen Kleinverlagspreises, der diesmal an das Amberger Büro Wilhelm ging. Anlässlich des zehnten Jahres der Ehrung lag außerdem eine schöne Broschüre mit Porträts der bisherigen Preisträger aus, und der neue Kunstminister Bernd Sibler stellte sich gleich mal als "Literaturminister" vor. Er zeigte sich stolz darauf, dass der Freistaat die unabhängigen Verlage schon so lange fördert: "Der Preis ist ein politisches Statement." Allerdings kündigte Sibler auch an, dass man - in einer Zeit, in der man sich auch beim Bund für die Verlage zu engagieren beginnt - nun "genauer hinschauen" und das Profil des Preises schärfen müsse; der nächste wird wohl erst in zwei Jahren vergeben. Wer wollte, konnte Sätze wie jenen, man wolle im Ministerium "Cheflobbyist für das Lesen und fürs Buch sein", immerhin hoffnungsvoll deuten.

Nicht alle Indie-Verleger sind mit solch vagen Aussichten zufrieden. Es grummelt in der Szene, selbst in die Jubiläumsbroschüre ist die Förder-Diskussion eingegangen. So unklar die Zukunft des Kleinverlagspreises ist, so klar ist immerhin, dass Zusammenhalt die kleinen Verlage stärker macht: Der noch recht neue "Buchmacher"-Verbund war etwa erstmals zum diesjährigen Markt der unabhängigen Verlage im Literaturhaus eingeladen. Und freudig griffen die Verleger auch zu, als die Stadt mit dem kurzfristigen Laden-Angebot aufwartete, genauer gesagt: deren Kompetenzteam für Kultur- und Kreativwirtschaft. Bis Ende März dürfen nun die sieben Münchner Verlage ihre insgesamt etwa 200 Bücher in der Dienerstraße ausstellen, von Mitte Januar an planen sie dort auch Veranstaltungen.

Wer genau sich hinter den "Buchmachern" verbirgt? Allesamt sind sie "Einzelkämpfer", höchstens zu zweit, wie Thomas Peters vom Morisken Verlag erklärt, "aber mit ganz unterschiedlichen Themen, Profilen und Zielgruppen". Bettina Deininger gehört dazu, die im Austernbank Verlag anspruchsvolle französische Literatur verlegt. Die Edition Tingeltangel von Thomas Endl hat neben einem Neuschwanstein-Thriller auch ein Bilderbuch über schwule Bären im Programm, der Morisken Verlag hält mit einem "Asozialen Guide für Deutschland" der Youtuber "Ost Boys" dagegen. Der Schillo Verlag von Thomas und Sophie Schillo bietet eine bunte Mischung von Lyrik bis Kochbuch, Susanna Rieder ausschließlich Kinderbücher. Franz Schiermeier dagegen ist auf Karten und Panoramen spezialisiert - und auf München-Bücher, wie auch Martin Arz vom Hirschkäfer Verlag.

Für sie alle ist es nicht einfach, im Buchhandel sichtbar zu sein, wie einige der Verleger im neuen Laden erzählen. Insbesondere die Monacensia-Abteilungen der Buchhandlungen seien in den vergangenen zehn Jahren stark geschrumpft, sagen Arz und Schiermeier. Umso schöner finden sie es, die Bücher nun einmal für ein paar Monate direkt unters Volk bringen zu können - und überhaupt erst einmal mit ihnen die Regale zu füllen: "Keiner von uns hat je sein komplettes Sortiment in einem Buchladen gesehen", sagt Schiermeier und holt einen dicken Band mit aufwendigen Stadt-Ansichten hervor. Er weiß aus langer Erfahrung: "Es gibt ja ein Interesse an soliden Sachbüchern über München!" In den kommenden Monaten werden die Independent-Verleger im eigenen Laden sehen, in welchem Maße das Interesse auch in Käufe mündet. Wichtiger noch als das Geschäft ist ihnen, bekannter zu werden: "Präsenz zeigen" nennt Thomas Peters als Ziel. Das "Allerschönste" ist für ihn sowieso die gemeinsame Arbeit, bei der die Gruppe langsam zusammenwächst: "Wir haben alle Spaß."

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Quelle:
SZ vom 08.12.2018
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