Süddeutsche Zeitung

Museen rund um München:Welche Ausstellungen sich besonders lohnen

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Chinesische Bauernmalerei, Winterbilder von Gabriele Münter und Werke von Marc Chagall: Nicht nur in München kann man Stunden im Museum verbringen - auch im Umland gibt es zahlreiche Ausstellungen.

Von Sabine Reithmaier

Ein Besuch des Buchheim-Museums in Bernried lohnt sich immer. Nicht nur der Bildung wegen, sondern auch weil der Weg zum Museum immer mit einem Spaziergang verbunden ist, egal ob man mit dem Auto oder der Bahn kommt. Entscheidend für die Visite sind natürlich die vielfältigen Ausstellungen, die das Museum der Phantasie unter seinem Dach vereint. Die Hauptrolle spielen in diesem Haus die Expressionisten. "Brücke und Secession" ist die Schau betitelt, die im großen Saal die impressionistisch-expressionistische Aufbruchstimmung Anfang des 20. Jahrhunderts thematisiert. Es ist auch eine letzte Gelegenheit, Meisterwerke der Buchheim-Sammlung noch einmal in der Zusammenschau mit Bildern aus der Sammlung Gerlinger zu sehen. Denn wegen "grundlegender Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung des Leihverhältnisses" haben der Würzburger Sammler Hermann Gerlinger und das Museum den Leihvertrag vorzeitig im September beendet. Was sehr schade ist, denn die Sammlungen ergänzten sich ausgezeichnet.

Gleich nebenan ist mit Katharina von Werz der abstrakte Expressionismus eingezogen. Ihr Titel "Tanz vor der Stadt" bezieht sich auf eine zentrale Werkgruppe der Münchner Künstlerin. In den wilden Farbwirbeln - Werz malt dynamisch und spontan - lassen sich Figuren in Bewegung erahnen, manchmal einzelne Körper, häufig Paare, die sich in wilder Bewegung halten, ringen, umarmen, vielleicht auch tanzen. Chaos gehört für Werz zum Leben, ihr zentrales Thema sei vielleicht die Partnerschaft, sagt sie in einem Interview im Katalog.

Ein ganz besonderes Highlight ist die "Chinesische Bauernmalerei - Sammlung Ingrid Jansen". Aufmerksam wurde Jansen, die mehrere Jahre in China lebte, auf diese Volkskunstbilder 1987 in einer Pekinger Galerie. Die Bilder mit ihren ungewöhnlichen Perspektiven berührten sie sehr. Daher reiste sie nach Wangxia in der nordchinesischen Provinz Hebei, knüpfte Kontakte und begann die Bilder zu sammeln. In den farbenfrohen Bauernmalereien, die zwischen 1987 und 1997, also in einer kurzen Spanne politischen Tauwetters, entstanden, ist nichts mehr von kulturrevolutionärer Bevormundung oder politischer Indoktrinierung zu spüren. Die Laienkünstler - überwiegend sind es Frauen - zeigen eine heitere, selbstbestimmte Welt in leuchtenden, kräftigen Farben, thematisch malen sie einen Zyklus des Dorflebens zwischen Geburt und Beerdigung. Nicht vergessen werden die Jahrmärkte und Feste mit Trommler, Akrobaten und Feuerwerk. Sogar eine Impfaktion gibt es. Hinreißend. Lothar-Günther Buchheim wäre begeistert gewesen.

Wer übrigens den ziemlich langen Weg vom Bernrieder Bahnhof zum Museum nicht laufen will, sollte auf den Linienbus 9614 warten. An Wochenenden fährt er im Stundentakt zwischen Tutzing und Bernried hin und her und hält immer am Buchheim Museum.

Brücke und Secession, bis 26.6.; Katharina von Werz. Tanz vor der Stadt, bis 24.4.; Chinesische Bauernmalerei. Sammlung Ingrid Jansen, bis 6.3., Buchheim Museum der Phantasie , Bernried

Museum Penzberg - Sammlung Campendonk

Nach Penzberg reist man, um Heinrich Campendonk zu sehen, schließlich verfügt das Museum dort weltweit über die größte Sammlung des jüngsten Blaue-Reiter-Malers.

Trotzdem sollte man sich den Besuch der aktuellen Sonderausstellung nicht entgehen lassen. Sie widmet sich Gerhard Fietz (1910-1997), Mitbegründer der Münchner Gruppe Zen 49, der "Farbe als Phänomen eigenen Lebens" zeigen wollte. Anfangs zeichnete er noch naturalistisch, aber von 1940 an widmete sich Fietz abstrahierten Landschaften und organischen Formen, experimentierte mit unterschiedlichsten Materialien und Techniken, bis er schließlich zu "Formen innerer Freiheit" fand.

Gerhard Fietz: Formen innerer Freiheit, bis 27. Februar 2022, Museum Penzberg - Sammlung Campendonk, www.museum-penzberg.de

Schlossmuseum Murnau

Dass es früher noch Winter mit sehr viel mehr Schnee gab, lässt sich im Schlossmuseum Murnau studieren. Dort konzentriert sich eine kleine Kabinettausstellung auf die Gemälde und Aquarelle, die Gabriele Münters Auseinandersetzung mit verschiedensten Winterstimmungen zeigen. Und mit den Farben des Schnees, der sich weiß-blau zusammenballen kann, türkisfarben auf Heuhocken schimmert oder violett in der Wintersonne strahlt. Gabriele Münter schafft es in ihren Variationen über den Schnee ganz ausgezeichnet, eine an sich unbunte Materie in unterschiedlichen Erscheinungsformen zu erfassen.

Nebenbei gratuliert das Museum in einer weiteren Kabinettsausstellung Markus Lüpertz zum 80. Geburtstag. Es zeigt eine Auswahl von Arbeiten aus Privatbesitz, die der Künstler zwischen 1964 und 2004 geschaffen hat, darunter expressive Grafiken und Ölgemälde zwischen Figuration und Abstraktion aus dem Werkzyklus "Männer ohne Frauen - Parsifal", Beispiele seiner frühen "dithyrambischen" Malerei und die großartige, 1993 entstandene Skulptur "Odaliske".

Schneefarben. Winterbilder von Gabriele Münter / Ein göttlicher Geselle. Markus Lüpertz zum 80. Geburtstag, bis 27. März 2022, Schlossmuseum Murnau

Franz Marc Museum Kochel

Wer dringend einen Stimmungsaufheller benötigt, dem seien Horst Antes Kopffüßler im Kochler Franz Marc Museum empfohlen. Zum einen der intensiven Farben wegen, zum anderen weil die markanten Figuren eine archaische Kraft ausstrahlen. Mit dem Motiv des Kopffüßlers sorgte Antes in den frühen Sechzigerjahren für Furore, ließ er doch als einer der ersten Künstler im Nachkriegsdeutschland die Abstraktion hinter sich und den Menschen im Bild wieder auftauchen. Wenn auch als Kunstfigur mit großem, immer im Profil gezeigten Kopf, an dem die Beine direkt ansetzen. Doch Antes ist nicht allein im Kochler Museum. Zu besichtigen ist auch die neu präsentierte Sammlung, ein Spaziergang durch das Leben und Wirken des Hausherrn. Nicht nur die großen Gemälde wie "Springendes Pferd", "Hocken im Schnee" oder das von den Besuchern heißgeliebte "Eselsfries" sind zu sehen, interessant ist auch die Auswahl an Ölskizzen, Aquarellen, Skizzenbuchblättern und Holzschnitten. Und die Postkarten, die Paul und Lily Klee an Marc schrieben.

Die Genese des Kopffüßlers. Horst Antes zum 85. Geburtstag, bis 22. Mai, Franz Marc-Museum Kochel

Olaf Gulbransson Museum Tegernsee

Als Versuch, ins kleine Olaf Gulbransson Museum in Tegernsee mehr Besucher zu locken, versteht sich die Chagall-Ausstellung. Bislang konzentrierten sich die Sonderausstelllungen des Hauses auf Zeichnung und Karikatur, jetzt geht es um berühmte Namen. Der Versuch scheint zu funktionieren, die Zahl der Besucher hat sich sehr positiv entwickelt. Im Mittelpunkt der Schau stehen die 42 Blätter des "Daphnis & Chloé"-Zyklus. Dazu gesellen sich weitere 20 Arbeiten Chagalls, Werke aus Privatbesitz, die bisher kaum oder nie ausgestellt waren wie etwa das Ölgemälde "Brautpaar mit Hahn" aus der Sammlung Hubert Burda oder das Bild "Über den Blumen", das angeblich bis zur Tegernseer Ausstellung als verschollen galt.

Marc Chagall: Eine Liebesgeschichte. Daphnis & Chloé und andere Werke, bis 9. Jan., Olaf-Gulbransson-Museum Tegernsee

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