Süddeutsche Zeitung

Traktoren in München:Für Liebhaber von Lamborghinis

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München ist halt doch nur ein Dorf - das sieht man auch an der steigenden Zahl der landwirtschaftlichen Zugmaschinen in der Stadt. Der Trend geht hin zu Schmuckstücken.

Von Joachim Mölter

Der neue Lamborghini Spire F ist jetzt übrigens mit Einzelradaufhängung vorne erhältlich. Das, so wirbt der italienische Fahrzeughersteller, sorge für eine einzigartige Stabilitätskontrolle, die normalerweise nur in Modellen der oberen Preisklasse verfügbar sei. Turbo mit Ladeluftkühler, Power Shuttle mit Sense Clutch sowie elektrohydraulisch zuschaltbare Zapfwelle gehören sowieso zum Standard des Allradgefährts. Man wird trotzdem eher selten so einen Lamborghini Spire F die Leopoldstraße rauf und runter cruisen oder in der Maximilianstraße parken sehen. Denn der ist ebenso wie das sogar mit Wegzapfwelle ausgerüstete Topmodell Spire S/V VRT eher für Fahrten durch Weinberge und Obstplantagen konzipiert. Dafür wäre die stärkste Motorversion von 113 PS freilich nicht zwingend nötig.

Trotzdem ist nicht auszuschließen, hier mal so einen Lamborghini Spire F (oder S/V VRT) zu sehen, denn es gibt in der Stadt wieder eine zunehmende Zahl von Traktoren, Treckern, Schleppern, Bulldogs - wie auch immer man die Fahrzeuge nennen mag, die im Amtsdeutsch als land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen laufen. Seit 2016 steigt die Zahl der zugelassenen Traktoren in München wieder an: Im laufenden Jahr registrierte das Kraftfahrt-Bundesamt 2737 Stück. München ist halt doch auch noch ein Dorf.

Wobei: Bei der letzten Zählung vor fünf Jahren seien bloß noch 125 Landwirtschaftsbetriebe in der Stadt festgestellt worden, wie der Zeitungsdienst Südwest (ZdS) recherchiert hat. Das ergäbe einen Fuhrpark von rund 22 Bulldogs pro Bauernhof. Da fragt der Großstädter: Wozu braucht man die alle?

Nun, der ZdS vermutet zum einen Kapitalanlagen hinter dem Anstieg: Ein vollrestaurierter Lanz D 9506, Baujahr 1954, soll unlängst für 95.000 Euro angeboten worden sein. Zum anderen ist wohl auch Liebhaberei dabei. Hört sich ja gut an, wenn man sagen kann, man habe einen Lamborghini in der Scheune. Oder einen Porsche. Neben den Fendts und John Deeres haben einst tatsächlich auch Porsches die Rüben- und Kartoffelfelder hierzulande beackert. Im Gegensatz zum italienischen Rivalen hat der deutsche Autobauer seine Traktor-Produktion aber längst eingestellt, schon 1963. Aber mit ihrer runden, schnittigen Motorhaube sind die Porsches schon echte Schmuckstücke. Der P 111 L Baujahr 1956 zum Beispiel: luftgekühlter Ein-Zylinder-Motor, zwölf PS, acht Gänge (vier vorwärts, vier rückwärts), Top-Speed 16,5 km/h. Ein Traum, kann man nicht anders sagen.

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