Süddeutsche Zeitung

Tarifstreik im öffentlichen Dienst:Ärger über Arbeitgeber

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Die Warnstreiks der Gewerkschaften treffen mitten in der Pandemie unter anderem Kliniken, Kitas und Müllabfuhr. Die Verantwortlichen verteidigen ihr Vorgehen.

Von Jakob Wetzel

Sie wüssten um die großen Herausforderungen während der Pandemie, auch in den Kitas, sagt Anton Salzbrunn, der Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW. Doch die Arbeitgeber dürften diese Lage nicht ausnutzen. Für Montag, 19. Oktober, bläst daher nun auch die GEW zum Streik in Kitas und städtischen Schulen. Bereits am Mittwoch hat die Gewerkschaft Verdi das Personal in städtischen Kitas dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Man habe angeboten, die Tarifverhandlungen gegen eine Einmalzahlung zu vertagen, hieß es von Verdi. Doch der Verband der kommunalen Arbeitgeber habe abgelehnt.

Bei diesen Tarifverhandlungen geht es nicht nur um die Kinderbetreuung, sondern generell um den öffentlichen Dienst. Verdi will 4,8 Prozent mehr Lohn, nach einem Jahr soll wieder verhandelt werden. Die Arbeitgeber legten am Freitag ein erstes Angebot vor; sie bieten 3,5 Prozent, allerdings für drei Jahre, und dazu einmalig 300 Euro Prämie. Am 22. und 23. Oktober wird erneut verhandelt.

In München sorgt dabei zusätzlich für Ärger, dass die Stadtwerke (SWM) freiwillige Leistungen wie einen Essenszuschuss von einem Euro am Tag für alle Beschäftigten oder auch Freifahrten für Rentner ab 2021 nicht mehr zahlen wollen. Die SWM beschwichtigen, man spare überall, und die Leistungen sollten nur ausgesetzt werden, bis sich die Finanzlage bessere. Anderes wie eine München-Zulage bleibe zudem bestehen.

In München hatten zuletzt am Freitag laut Verdi etwa 1800 städtische Beschäftigte gestreikt. Speziell Kita-Personal hatte zuletzt am 28. September die Arbeit niedergelegt. Verdi wollte dabei zunächst aus Rücksicht auf die Familien nur eine Person pro Kita zum Streik aufzurufen; es beteiligten sich aber deutlich mehr. Für diesen Montag ruft Verdi jetzt ohne Einschränkung zum Streik auf.

Dazu werden weitere städtische Beschäftigte die Arbeit niederlegen. So wird etwa die Müllabfuhr bestreikt, die Straßenreinigung oder auch die städtischen Kliniken; dort habe man eine Notdienstvereinbarung mit den Kliniken geschlossen, betont Verdi. In vielen anderen Fällen werden die Münchnerinnen und Münchner dagegen wohl wenig vom Streik merken. So werden etwa Abteilungen des Baureferats bestreikt oder auch die Stadtentwässerung. Es könne passieren, dass in der Fußgängerzone Papierkörbe überquellen, sagt Erich Brändle von Verdi. Die Kläranlagen aber liefen weiter, und jede Toilette werde funktionieren. "Gesundheitsschutz geht vor."

Für die GEW wird es ein relativ stiller Streiktag: Wegen der Pandemie ist keine Kundgebung geplant. Verdi ruft dagegen zur Streikversammlung auf die Theresienwiese. Um Infektionen vorzubeugen, müssen aber nicht alle kommen: Kita-Beschäftigte etwa könnten zu Hause streiken, sagt Merle Pisarz von Verdi.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2020
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