Süddeutsche Zeitung

München:Stadt geht gegen Taubenfütterer vor

Lesezeit: 2 min

Von Heiner Effern, München

Die Stadt bekommt in diesem Jahr viele neue Ordnungshüter, der politisch heiß diskutierte kommunale Außendienst (KAD) wird den Betrieb aufnehmen. Vor allem die CSU hofft so auf mehr Sicherheit, speziell nachts in der Innenstadt. Die Mitarbeiter sollten sogar Pistolen tragen, doch das ging dem überwiegenden Rest des Stadtrats zu weit.

Schon bevor die ersten Patrouillen auf Streife gehen, gerät unvermutet eine neue Personengruppe ins Visier des Sicherheitsdiensts: die Taubenfütterer. Diese locken durch das massive Auslegen von Nahrung so viele Vögel an, dass Gebäude in der Stadt verdrecken und Hygiene-Probleme drohen. Ihrem Hobby konnten sie bisher weitgehend unverfroren nachgehen. Doch damit soll Schluss sein, künftig sollen die Ordnungshüter des KAD gegen sie vorgehen.

So steht es im Beschluss des Stadtrats, der das Füttern von Tauben im Stadtgebiet wieder verbietet. Eine entsprechende Satzung hat es schon einmal gegeben, doch diese lief nach 20 Jahren am 31. Oktober 2016 aus. Seither herrschte in München taubenmäßig sozusagen Anarchie: Wer wollte, konnte füttern, wie es ihm beliebte, ohne eine Strafe fürchten zu müssen. Wer nun aber den KAD-Mitarbeitern in die Fänge geht, muss wieder Geldbußen zwischen 35 und 1000 Euro fürchten.

Die Ordnungshüter werden wohl gut zu tun bekommen. Als die alte Satzung galt, stieg die Zahl der Verfahren wegen Fütterns konstant: von 44 im Jahr 2014 auf 70 in den ersten zehn Monaten 2016. Allerdings müsse keine Mutter fürchten, dass sie wegen eines runtergefallenen Brezenstücks ihres Kindes dran ist, stellt Umweltreferentin Stephanie Jacobs klar: "Das Ziel des Taubenfütterungsverbots ist das Unterbinden von regelmäßigem Füttern mit größeren Mengen und nicht das Ahnden von gelegentlichem Zuwerfen von ein paar Bröseln."

Dass die Stadt rigide gegen Taubenfütterer vorgeht, ist der teils unkontrolliert wachsenden Zahl der Vögel geschuldet. Das Umweltreferat verfügt zwar über keine Schätzung der Taubenzahl, ist sich aber sicher, dass gerade in der Nähe von Plätzen, an denen regelmäßig Nahrung gestreut wird, allmählich von einer Plage gesprochen werden könne.

Diese "Überpopulation" könne sich aus vermehrtem Brüten sogar im Winter und dem Fehlen jeglicher "Fressfeinde" ergeben, heißt es in der Vorlage des Umweltreferats. Tauben könnten auch in der Stadt selbst ihre Nahrung finden, dafür weit fliegen und so in Form bleiben. Müssten sie das nicht mehr tun, drohten Krankheiten und der Befall durch Parasiten. Nicht zuletzt entstünden der Stadt und vielen Hausbesitzern enorme Kosten, um die Fäkalien der Tauben von ihren Dächern, Mauern und Balkonen zu kratzen.

Diese Zustände will der Stadtrat nicht nur mit einer neuen Satzung zum Verbot des Taubenfütterns beenden, sondern auch mit einem "Drei-Säulen-Modell". Die zweite Säule wäre sozusagen der Bau von Taubenhäusern, in denen die einstige Haustiere wieder ein geregeltes Zuhause finden könnten. Derzeit gibt es 13 davon in der Stadt. Die dritte Säule bilden Information und Aufklärung, warum das Füttern den Tauben schadet und nichts mit Tierliebe zu tun hat. Wer das nicht versteht, wird bald die KAD-Mitarbeiter und damit Säule eins kennenlernen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3904972
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.03.2018
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.