Süddeutsche Zeitung

Grüner Strom:Beim Ausbau der Solarenergie geht zu wenig voran

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Die Stadtwerke müssten sich stärker engagieren - und der Stadtrat müsste mehr Druck aufbauen.

Kommentar von Heiner Effern

In der Stadt hängt der Haussegen schief, und zwar ausnahmsweise mal nicht zwischen Koalition und Opposition oder innerhalb der grün-roten Stadtregierung. Die Politik ist sauer auf ihre Verwaltung und ihre Tochterfirmen, speziell auch auf die Stadtwerke. Die Stadträte sehen, wie ringsum, sogar im ländlichen CSU-Bayern, eine neue Solaranlage nach der anderen entsteht. Nur in München ist das Wachstum überschaubar, obwohl im Rathaus gerade ein Antrag den nächsten jagt. Das kratzt am Selbstverständnis und wächst sich langsam zu einer Blamage aus.

Schließlich gehört der Stadt ein Energiekonzern, der bei den großen Versorgern in der Bundesrepublik mitmischt. Ein Unternehmen, das sich gerade aus dem Öl- und Gasgeschäft verabschiedet hat, dafür aber Windparks in Norwegen besitzt und einen Solarpark in Spanien. Die Rede ist von den Stadtwerken, die sich selbst als großen ökologischen Akteur zumindest in der bundesdeutschen Szene der fortschrittlichen Energieunternehmen sehen. Nicht umsonst werden sie deshalb von den großen Fraktionen im Stadtrat geschätzt und mit Samthandschuhen angefasst.

Wenn nun Grüne, SPD und CSU in einer öffentlichen Stadtratssitzung ziemlich unverblümt das mangelnde Engagement der Stadtwerke im heimischen Ausbau der Photovoltaik kritisieren, lässt das auf wirklich tief sitzenden Ärger schließen. In der Tat irritierte der Auftritt der Stadtwerke im Stadtrat. Dass hier jemand kapiert hat, wie dringend nötig gerade jetzt eine große Anstrengung beim Ausbau der Photovoltaik in München ist, war nicht zu spüren. Höchste Zeit, dass jemand den Konzern an seine eigentliche und dringlichste Aufgabe auch bei der Energie erinnert: die kommunale Daseinsvorsorge. Soweit liegt der Stadtrat richtig.

Allerdings muss sich die Politik vorwerfen lassen, dass dieser Jemand konkret definiert ist. Die Stadt selbst hat die Aufgabe, als Eigentümerin dem Konzern die großen Linien vorzugeben. Entweder haben die Vertreter im Aufsichtsrat dies unterlassen oder zumindest mehr heimische Solarenergie nicht deutlich genug eingefordert. Oder die Stadtwerke reagieren nicht oder zu langsam. Das sollte sich nun schleunigst ändern, schließlich lohnen sich solche Investitionen gerade sogar. Bei den Stadtwerken dürfen die Ansagen aber nicht enden. Auch die anderen Töchter und die Verwaltung sollten spüren, wie ernst es dem Stadtrat ist. Sonst gibt es in München keine Solarrallye wie in anderen Kommunen, sondern es bleibt bei einer Antragsrallye im Stadtrat.

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