Süddeutsche Zeitung

Solarenergie:München macht Tempo bei Photovoltaik-Anlagen

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Die bisherige Bilanz fällt "katastrophal" aus, nun legt der Stadtrat mit großer Mehrheit neue ehrgeizige Ziele für die Nutzung von Solarenergie fest. Vor allem die Stadtwerke sollen beim Ausbau schneller vorankommen.

Von Heiner Effern

Zuerst kam der heftige Anpfiff, nun folgen die deftigen Hausaufgaben. Und gleich auch noch neue, deutlich ambitioniertere Ziele zum Erreichen des Klassenziels. Der Münchner Stadtrat hat den einstigen Musterschüler in Sachen erneuerbare Energien, seine eigenen Stadtwerke, ordentlich rangenommen für den schleppenden Ausbau der Photovoltaik in der Heimat. Von der Note "katastrophal" im September 2022 soll die Ausbeute an Sonnenenergie in der Stadt schnellstmöglich wegkommen und sich in Richtung "vorbildlich" entwickeln, wie es dem Selbstbild der grün-roten Stadtregierung entspricht.

Doch nicht nur die Koalition ist unzufrieden mit dem Ausbau der Photovoltaik: Der Stadtrat beschloss auf gemeinsamen Antrag aller Fraktionen, dass der Ausbau 2023 schon 15 Megawatt betragen soll. Bis 2026 soll sich die Summe auf 60 Megawatt neue Leistung in der Spitze vervierfachen. Die Hälfte davon müssen die Stadtwerke München (SWM) beisteuern. Der Auftrag ist eindeutig, auch wenn in der Beschlussvorlage höflich darum "gebeten" wird. In der sehr ausführlichen Stellungnahme der Stadtwerke im selben Papier kommen keine Zahlen zum bisherigen Stand der Solarenergie vor, es wird nur auf laufende Projekte und guten Willen verwiesen. Doch der Zuwachs zuletzt dürfte sehr weit unter den nun 2023 geforderten 7,5 Megawatt Leistung liegen.

Der Stadtrat hatte im vergangenen Herbst die Stadtwerke dafür schon deutlich gerügt, über die Fraktionen hinweg. München belege beim Ausbau der Photovoltaik Platz 47 von 48 deutschen Großstädten, ärgerten sich die Fraktionschefs Tobias Ruff (ÖDP/München Liste) und Manuel Pretzl (CSU/Freie Wähler) auch in der aktuellen Debatte. Das müsse sich schleunigst ändern.

"Wenn man so weit unten anfängt, ist es nicht schwer, sich zu steigern", sagte Ruff. "Das Potenzial nach vorne ist enorm", ergänzte Pretzl. Zudem müssten aber auch die städtischen Referate ihre ständigen Einwände gegen Solaranlagen auf ihren Dächern zurücknehmen. Das eine störe ein Baum, der im Weg stehe, das andere der Denkmalschutz, all das müsse auch mal zurückstehen, sagte Pretzl.

Grüne und SPD zeigten sich sehr erfreut über so viel Rückenwind aus dem Stadtrat für die Photovoltaik. Endlich mal ein Thema, das vergnügungssteuerpflichtig sei, strahlte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Mona Fuchs bei einem solch "kraftvollen" Beschluss. So schaffe man "in der Breite einen wirklich großen Ausbau" der Solarenergie, erklärte SPD-Stadträtin Simone Burger.

Der Unmut in der Koalition sitzt tief

Es sei wichtig, dass in der Stadt viel passiere, aber das alleine reiche nicht. Auch in der Region und weit darüber hinaus müsse mehr vorangehen. Damit reagierte Burger auch auf Kritik der Fraktion Linke/Die Partei, die mit einem Seitenhieb das internationale Geschäft der Stadtwerke mit erneuerbaren Energien kritisierte. Der Strom aus norwegischen Windparks könne in München nicht eingespeist werden, sagte Fraktionssprecher Stefan Jagel.

Für einen verstärkten Ausbau der Solarenergie in der Region um München fand sich im Stadtrat jedoch eine breite Mehrheit. Auch hier nahm der Stadtrat seine Tochter SWM in die Pflicht. Bis 2027 soll sie in der Region jährlich Anlagen mit einer Leistung von 15 Megawatt neu errichten. Einmal im Jahr müssen die Stadtwerke deswegen zum Rapport im Stadtrat antreten und über den Fortschritt berichten. Auch das beschloss der Stadtrat.

Wie tief der Unmut in der Koalition über den schleppenden Ausbau der Photovoltaik sitzt, zeigte sich Ende vergangenen Jahres auch in einer Personalie. Die Grünen setzten im Aufsichtsrat der Stadtwerke durch, dass ein derzeit nicht besetzter Vorstandsposten umgewidmet wird. Der oder die neue Topmanagerin soll sich künftig ausdrücklich um den Ausbau erneuerbarer Energien in München und der Region kümmern. Der Posten soll ausgeschrieben werden. Das Arbeitsprogramm hat der Stadtrat als eine Art vorgezogenen Willkommensgruß schon mal festgelegt.

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