Süddeutsche Zeitung

Neuhausen:Bürgerbegehren gegen geplante Türme an der Paketpost gestartet

Lesezeit: 2 min

Ein Bündnis um den CSU-Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper will die geplanten Hochhäuser an der Paketposthalle verhindern. Zum Auftakt des Bürgerbegehrens zeigt sich: Das Thema sorgt nach wie vor für Diskussionen.

Von Anna Hoben

"Hochhausstop" steht auf den roten Schirmen am Infostand vor dem Apple-Store in der Fußgängerzone, das "Stop" in Großbuchstaben. Ein Wolkenbruch geht am Freitagmittag gerade nieder, als sich zeigt, dass dieses Thema schnell zu Diskussionen führt, die über die Hochhäuser an sich hinausragen. "Nennen Sie mir einen vernünftigen Grund", sagt eine Passantin. Die Hochhausgegner fangen an, die horrende CO₂-Bilanz etwa spreche gegen den Bau hoher Gebäude. Worauf die Frau entgegnet, dass München mehr Wohnraum brauche. Wohnungen in Hochhäusern fielen aber kaum in die Kategorie "bezahlbar", halten die Männer am Stand dagegen - und dann werfen sie die Frage auf, ob es nicht eigentlich eine Begrenzung des Zuzugs brauche. Nach einer Weile zieht die Passantin kopfschüttelnd von dannen.

Es ist Tag eins des Bürgerbegehrens Hochhausstop. Gerade hat eine Gruppe um den Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper (CSU) und den ehemaligen Stadtrat Wolfgang Czisch (SPD) angefangen, Unterschriften für ihre Sache zu sammeln. Konkret wollen sie die beiden geplanten 155 Meter hohen Hochhäuser an der Paketposthalle in Neuhausen verhindern. Ungefähr 35 000 Unterschriften sind nötig, um das Ansinnen einzureichen und den Weg frei zu machen für einen möglichen Bürgerentscheid.

Die Frage für den anvisierten Bürgerentscheid haben die Aktivisten so formuliert: "Sind Sie dafür, dass die Stadt München alle rechtlich zulässigen Maßnahmen ergreift, damit in Neuhausen im Umfeld der Paketposthalle KEIN Hochhaus gebaut wird, das über 60 Meter hoch ist?" Die Fragestellung auf Hochhäuser generell auszuweiten und dafür die Inhalte aus der Hochhausstudie der Stadt einzubeziehen, das wäre zu kompliziert geworden, sagen die Initiatoren. Nach längerem Abwägen sei man zudem von der 100-Meter-Grenze aus dem Bürgerentscheid von 2004 auf die jetzige 60-Meter-Grenze gerückt, vor allem aus Nachhaltigkeitsgründen.

Ihre Initiative haben Brannekämper und Czisch zuvor bei einer Pressekonferenz im Ratskeller erläutert. Czisch hat an den Bürgerentscheid von 2004 erinnert, daran, wie der frühere Oberbürgermeister Georg Kronawitter (SPD) damals gemahnt habe, dass München kein "Frankfurt an der Isar" werden, dass die Stadt nicht den Investoren ausgeliefert werden dürfe. Brannekämper hat erklärt, dass die Stadt "ihre Beliebtheit und ihr Lebensgefühl aus ihrer Gestaltqualität" ableite. Neun Millionen Touristen im Jahr kämen nicht "wegen einer Hochhausgeilheit", sondern "weil die Stadt ist, wie sie ist". Und so solle sie auch bleiben.

Die Initiatoren sehen die Stadt erneut vor einem Richtungsentscheid. Der ist aus Brannekämpers Sicht auch deshalb nötig, weil das Bürgergutachten zur Paketposthalle "kein demokratisches Plebiszit" darstelle. In einem bei der Pressekonferenz verteilten schriftlichen Statement übt der Landtagsabgeordnete zudem scharfe Kritik an der Münchner Stadtplanung. Wörtlich heißt es da: "Die Stadt hat keinen Plan, sie lässt sich von den Investoren und deren Vorstellungen und Versprechungen bereitwillig einfangen und steuern." Stadtbaurätin Elisabeth Merk und der Investor des Paketposthallen-Areals, die Büschl-Unternehmensgruppe, verweisen darauf, dass das "Masterplan"-Verfahren für das Areal eng von einem Gremium aus Mitgliedern der Kommunalpolitik, der Verwaltung und externen Fachleuten begleitet worden sei.

Doch die Initiatoren des Bürgerbegehrens sehen die Hochhäuser an der Paketposthalle als "Dammbruch zur Hochhausmetropole", wie sie in einem Flyer schreiben. Dazu passt eine Aussage der Kabarettistin Luise Kinseher, die das Ansinnen unterstützt. Mit den Hochhäusern sei es wie mit den Schwammerln, so lässt sie sich zitieren, "wo mal einer ist, kommen bald die anderen nach".

Kommt es zu einem Bürgerentscheid, könnte dieser noch in diesem Jahr zeitgleich mit einem vom Stadtrat initiierten Ratsbegehren stattfinden. Im Stadtrat spricht sich mittlerweile eine Mehrheit dafür aus, die Münchnerinnen und Münchner noch einmal darüber abstimmen zu lassen, ob in der Stadt künftig Hochhäuser gebaut werden sollen oder nicht.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5584521
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.