Süddeutsche Zeitung

Einkaufen:Supermärkte kommen mit Online-Bestellungen kaum hinterher

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In Corona-Zeiten scheuen viele den Gang ins Geschäft und wollen stattdessen Lieferdienste nutzen - doch die sind oft ausgebucht. Wie man jetzt trotzdem einen Bring-Service findet.

Von Janina Ventker

Eine scheinbare Belanglosigkeit, die in den vergangenen Wochen zur Glaubensfrage geworden ist: einkaufen gehen. Die einen sehen es als willkommene Abwechslung vom Corona-Alltag daheim, den anderen graut es davor, einen Supermarkt zu betreten und auf andere Menschen zu treffen. Die Pflicht, Mund und Nase zu bedecken, macht es nicht besser. Der eine oder andere Supermarktverächter ist so schon auf die Idee gekommen, Lebensmittel online einzukaufen. Es sieht ja auch ganz einfach aus: Produkte aussuchen, Liefertermin festlegen, bestellen - und schon bringt der freundliche Lieferant die Einkäufe direkt vor die Haustür. Doch will der Kunde dann bestellen, prangt im Lieferfenster häufig ein Wort: ausgebucht.

Rewe etwa verzeichnet "im Online-Bereich seit Wochen eine verstärkte Nachfrage", sagt Sprecherin Ann-Christin Geers. Wartezeiten von ein bis zwei Wochen sind die Folge. Das sei jedoch abhängig vom jeweiligen Liefergebiet und "nicht der Regelfall", sagt Geers. Ähnliches bei Deutschlands umsatzstärkster Supermarktkette Edeka: "Wir verzeichnen bei unserem Lieferdienst Bringmeister eine deutliche Steigerung der Nachfrage", sagt Sprecherin Jennifer Teichert. "Temporär kann es daher auch zu Engpässen im Sortiment und bei den Lieferzeiten kommen." Mit Zahlen zur erhöhten Nachfrage halten sich jedoch beide Unternehmen bedeckt - sowohl was die Bestellungen angeht als auch den Umsatz. Was sie preisgeben: Auch bei Online-Bestellungen sei besonders gefragt, was der Mensch offenbar am dringendsten braucht für seine Existenz: Nudeln, Tomatensauce und Klopapier.

Während die großen Anbieter ausgebucht sind, verhielt es sich bei Karstadt Lebensmittel am Hauptbahnhof vorübergehend genau umgekehrt. Das Haus bietet einen eigenen Lieferservice im kompletten Stadtgebiet an - ohne komplexe Homepage, die Bestellung erfolgt ganz altmodisch per Telefon. Das werde gerade von älteren Leuten und Stammkunden gut angenommen. Immerhin fünf bis zehn Prozent des Umsatzes machten die Bestellungen aus. Zwischenzeitlich hatte man deutlich weniger Aufträge als sonst. Der Lebensmittelmarkt im Untergeschoss litt darunter, dass das Kaufhaus oben geschlossen war. Manche hätten auf gut Glück angerufen und seien überrascht gewesen, wenn jemand ans Telefon ging, sagt Gramos Sejdu, stellvertretender Marktleiter.

Neue Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen sind bei allen Anbietern ein Thema. "Um unsere Fahrer und Fahrerinnen bei der Auslieferung bestmöglich zu schützen, sind wir auf eine kontaktlose Lieferung umgestiegen, inklusive kontaktlosem Bezahlen", sagt Edeka-Sprecherin Teichert. Zudem halte man sich an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Und bei Rewe heißt es: "Derzeit übergeben unsere Mitarbeiter die Lieferungen nicht mehr im direkten Austausch, sondern stellen die Lieferung bei der Übergabe im ausreichenden Abstand zum Kunden ab." Zudem müsse der Kunde den Empfang nicht mit einer Unterschrift quittieren; die Pfandrückgabe habe man vorübergehend ausgesetzt.

Die großen Supermärkte kommen mit den Bestellungen kaum hinterher - man könnte also meinen, dass manch kleinerer jetzt schnell auf den Zug aufspringt. Doch bei der Lebensmittelkette Feneberg etwa, die in München mit drei Filialen vertreten ist, heißt es: "Einen Service wie einen Bringdienst aufzubauen, ist uns derzeit leider nicht möglich." Obwohl man diesen Service älteren Menschen und andern Risikogruppen gerne angeboten hätte.

Ganz hoffnungslos ist es aber nicht, einen Online-Lieferservice zu finden. Aus der Not heraus hat Hannes Kübel, Gründer der Firma Foodly seine Kochzutaten-App um eine Funktion erweitert: einen "Online-Lebensmittel-Checker" mit Postleitzahlen-Suche. Auf www.getfoodly.com kann man deutschlandweit schauen, wer im Umkreis noch freie Lieferkapazitäten hat. Kübel hat nun auch kleine Firmen und Höfe gelistet. Und siehe da: "Bio Hipster" etwa kann in München noch liefern, ebenso die "Ökokiste Kirchdorf" und einige Getränkedienste.

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SZ vom 14.05.2020
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