Süddeutsche Zeitung

Chronologie:Katrin Habenschadens politische Karriere

Lesezeit: 3 min

Sie stieg spät ein und schnell auf, nun hört sie überraschend auf: Grünen-Politikerin Katrin Habenschaden. Ein Rückblick auf die Stationen von Münchens Zweiter Bürgermeisterin.

Von René Hofmann

Katrin Habenschaden zieht im Jahr 2002 nach München. Zuvor besuchte sie das Sigena-Gymnasium in Nürnberg und absolvierte erst eine Ausbildung zur Bankkauffrau und anschließend ein Studium zur Diplombetriebswirtin. Nach diesem arbeitete sie bei der Sparkasse - zunächst in Nürnberg, später in München.

Im Jahr 2009 tritt sie der Partei Bündnis90/Die Grünen bei. Fünf Jahre später wird sie in den Münchner Stadtrat gewählt. Im Mai 2018 folgt der nächste Aufstieg: Zusammen mit Florian Roth rückt sie an die Spitze der Fraktion, die Grüne und Rosa Liste formen. Im Münchner Rathaus hat damals noch eine Koalition aus CSU und SPD das Sagen.

Im November 2018 demonstriert Katrin Habenschaden erstmals ihren Machtanspruch. Der Zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU) wechselt in den Landtag, Habenschaden entschließt sich nicht nur, bei der Wahl seines Nachfolgers gegen Manuel Pretzl (CSU) anzutreten, sie kündigt auch an, im März 2020 als Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen den Amtsinhaber Dieter Reiter (SPD) herausfordern zu wollen. "Ich habe mich entschieden, dass ich den Hut in den Ring werfen werde", so Habenschaden.

Für die Wahl gegen Schmid wird Habenschaden von der Stadtratsfraktion der Grünen einstimmig nominiert. Die Abstimmung endet mit 54 Stimmen für Pretzl - Habenschaden erhält 19.

Im März 2019 stellen die Grünen die Weichen für die Kommunalwahl im März 2020. Auf der Stadtversammlung im Kesselhaus nominieren sie ihre "pragmatische Fraktionschefin" (SZ über Habenschaden) mit 97,77 Prozent der Stimmen als Herausforderin von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Im Jubel von mehr als 200 Parteifreunden sagt Habenschaden: "Wir haben eine einzigartige Chance, wie es sie noch nie gab. Wir wollen regieren, und ich möchte die erste grüne Oberbürgermeisterin in München werden."

In der Wahl trifft sie auf Dieter Reiter, der das Amt des Oberbürgermeisters 2014 in der Stichwahl gewann, und Kristina Frank, der Kommunalreferentin, die für die CSU antritt.

Vor der Kommunalwahl stellen sich die beiden Kandidatinnen und Reiter der Süddeutschen Zeitung zu einem besonderen Fotoshooting. Im Stil der SZ-Magazin-Rubrik "Sagen Sie jetzt nichts" antworten sie mimisch auf Fragen.

Der Endspurt im Wahlkampf für die Kommunalwahl 2020 wird bereits durch das Coronavirus geprägt und findet deshalb nicht auf dem Marienplatz statt, sondern im Bürgerbüro - mit Robert Habeck, dem Vorsitzenden der Bundespartei.

Bei der Wahl am 15. März 2020 kommen die Grünen auf 29,1 Prozent und werden damit erstmals stärkste Fraktion im Münchner Rathaus (bei der Wahl zuvor hatten sie 12,5 Prozent weniger Stimmen errungen). Katrin Habenschaden verpasst mit 20,8 Prozent der Stimmen allerdings die Stichwahl. In diese zieht die CSU-Kandidatin Kristina Frank mit 21,3 Prozent ein. Im direkten Duell zwei Wochen später unterliegt diese dem Amtsinhaber Reiter von der SPD klar (71,7 Prozent für Reiter).

Grüne und SPD einigen sich auf eine Koalition im Stadtrat. Im Kleinen Sitzungssaal des Münchner Rathauses wird der Koalitionsvertrag unterzeichnet. Die neue Stadtregierung besteht aus den beiden Fraktionsgemeinschaften von Grünen und Rosa Liste sowie SPD und Volt.

Am 4. Mai 2020 wird Katrin Habenschaden zur Zweiten Bürgermeisterin der bayerischen Landeshauptstadt München gewählt.

In ihrer Funktion als Zweite Bürgermeisterin ist Habenschaden Vorsitzende der Ausschüsse für Bau, Arbeit und Wirtschaft, Kultur, Klima und Umwelt sowie Mobilität.

Als Aufsichtsratsvorsitzende des Volkstheaters kann sich Katrin Habenschaden im Herbst 2021 über die Eröffnung des Neubaus freuen, und als Aufsichtsratschefin des Gasteig zur gleichen Zeit über die fristgerechte Fertigstellung des Interimsgebäudes in Sendling und darüber, dass die dort entstandene Isarphilharmonie viel Lob erhält.

Der Umbau des sanierungsbedürftigen städtischen Kulturzentrums Gasteig liegt jedoch kostenbedingt auf Eis. Erst in den nächsten Wochen soll der Stadtrat entscheiden, wie es hier weitergeht. Auch aus Frust darüber geht Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner. Eine Baustelle, die Katrin Habenschaden nun unvollendet hinterlässt.

Auch die Haltung der Grünen zur Internationalen Automobilausstellung (IAA) gibt innerhalb der Rathaus-Koalition Anlass zu Kritik. Für die IAA stimmen, die Bürgermeisterin zum IAA-Dinner schicken und gleichzeitig "auf der Demo in der ersten Reihe" dagegen laufen - das sei "grünes Handeln und grünes Reden in der Praxis", ärgert sich SPD-Fraktionschefin Anne Hübner nach dem IAA-Debüt 2021. Was nur ein Beispiel für das mitunter harzige Miteinander ist.

Am 11. Oktober 2023, drei Tage nach der Landtagswahl in Bayern, kündigt Katrin Habenschaden überraschend ihren Ausstieg aus der Kommunalpolitik an. Auf Instagram schreibt sie zu ihrem Abschied: "Ich durfte in den vergangenen Jahren viele wunderbare Münchner*innen kennenlernen. Das war immer das Beste an meinem Job. Raus aus dem Rathaus und mit den Menschen zusammenkommen." Ab Dezember übernimmt sie bei der Deutschen Bahn in Berlin die Leitung des Bereichs Umwelt und Nachhaltigkeit. Sie wird pendeln. Ihre Familie bleibt in München.

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