Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Alle nannten sie KDW

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Karin Dietl-Wichmann war Journalistin, Schriftstellerin und Helmut Dietls erste Frau. Jetzt ist sie mit 82 Jahren in München gestorben.

Von Gerhard Fischer, München

Der Schauspieler Günther Maria Halmer saß neulich im Café Kulisse an den Kammerspielen und sprach über seinen 80. Geburtstag. Er redete über sein Verhältnis zu Helmut Dietl - und kurz auch über Karin Dietl-Wichmann. Dietl und er waren damals gerade in einer verfahrenen Situation, erzählte Halmer, es ging um die Besetzung des Tscharlie Häusler in den "Münchner Geschichten". Sie spielten Billard, freundeten sich an, aber sie fanden beruflich nicht zueinander. Irgendwann rief Halmer bei Dietl an, um ihm zu sagen, dass er eine andere Rolle annehme; dass er keine Zeit habe für den Tscharlie.

Karin Dietl-Wichmann ging ans Telefon und sagte, Helmut Dietl sei in Toronto. Als sie hörte, was Halmer ihrem Mann mitteilen wollte, meinte sie: "Mach keinen Fehler!" Sie rief Dietl in Kanada an, und dieser sei, so Halmer, "ganz aufgeregt gewesen". Dann ging es schnell. Dietl meldete sich, sie wurden sich einig und Halmer wurde Häusler. Welch ein Glück.

Karin Dietl-Wichmann war Helmut Dietls erste Frau. Als sie sich in den 1960er-Jahren verliebten, war sie eine erfolgreiche Journalistin, die auch als PR-Frau arbeitete, unter anderem für Federico Fellini. Dietl, vier Jahre jünger als seine Freundin, studierte und jobbte beim Bayerischen Rundfunk als Kabelträger.

Als Wichmann in Rom einen Film betreute, soll Dietl mit dem Geld, das er sich von seiner Mutter geliehen hatte, einen Flug nach Rom gebucht haben, um Karin Wichmann zu überraschen. Sie nahm ihn dann mit in ihre Wohnung an der Piazza del popolo. Der Journalist Claudius Seidl beschreibt das in seiner Helmut-Dietl-Biografie "Der Mann im weißen Anzug", die 2022 erschienen ist.

Beziehungs-Geschichten waren ihr Ding

Dietl-Wichmann wollte immer Journalistin werden. Ihr Vater habe sie dabei unterstützt, erzählte sie einmal, er habe gesagt: "Mach, was du willst." Sie wurde dann, unter anderem, Chefredakteurin bei Cosmopolitan und der Bunten, sie war mit den Berühmten unterwegs und manchmal auch befreundet, mit Clint Eastwood oder Christine Kaufmann. Alle nannten sie KDW. Und sie fing irgendwann an, Bücher zu schreiben.

Ihre Werke hießen "Lass dich endlich scheiden", "Mamma Mia. Das Buch über Mütter und Töchter" oder "Ist das Alter noch zu retten"?. Beziehungs-Geschichten seien ihr Ding gewesen, sagte eine Freundin am Sonntag. Dietl-Wichmann wusste, wovon sie schrieb, sie war dreimal verheiratet, sie hatte mit Dietl die Tochter Sharon, mit der sie leider lange keinen Kontakt hatte, und sie war in den Siebzigern, als sie über das Altern schrieb.

Als wir sie 2018 in ihrer Wohnung in, natürlich, Schwabing, trafen, stellte sie einen Crémant auf den Tisch, mittags. Sie hatte "etwas Kumpelhaftes und Toskanahaftes", stand danach in der SZ. Dietl sagte damals, andere würden sie als "überselbstbewusst und als harten Knochen" bezeichnen. Sie selbst meinte, dass sie selbstbewusst sei, das schon, aber sie übertreibe es nicht.

Jahrelang allein auf einer kleinen Insel

Sie war auch humorvoll, und sie war immer mit vollem Einsatz unterwegs. Und, nicht zuletzt, mutig war sie auch: Zwischen 2005 und 2007 lebte sie auf einer kleinen philippinischen Insel. Allein.

Angst vor dem Altern habe sie nicht, auch das sagte sie immer. Sie wolle schließlich nicht hinterm Ofen sitzen, sondern immer arbeiten, leben, lieben, ausgehen. "Ich gehe auch noch mit meinem Enkel in die Kneipe", sagte sie dem Südkurier 2019 in einem Interview. Er geniere sich nicht, im Gegenteil, seine Freunde würden sagen: "Die ist ja der Hammer, die Alte." Das war es, das Selbstbewusste.

Auf die Frage, wie alt sie denn werden wolle, meinte sie: "Vielleicht werde ich 110. Grauenhafte Vorstellung. Sie können mich ja in 30 Jahren noch mal anrufen." Sie wird nicht rangehen. Karin Dietl-Wichmann starb am Samstag mit 82 Jahren in einem Pflegeheim in München. Ihre Tochter Sharon sagte am Sonntag, sie sei in den letzten Tagen bei ihrer Mutter gewesen.

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