Süddeutsche Zeitung

Internationale Automobilausstellung:Klimaaktivisten fordern Platz für Protest

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Während der IAA wollen Hunderte Menschen auf der Theresienwiese ein Camp aufschlagen - doch die Stadt befürchtet, es könne dort zu eng werden.

Von Martin Bernstein, München

Gut drei Wochen vor Beginn der Internationalen Automobilausstellung (IAA) und der dagegen gerichteten Proteste ist noch immer nicht klar, ob die Stadt den Klimaaktivisten erlaubt, ein eigenes Camp aufzuschlagen. 1500 Menschen sollen dort nach den Plänen der Veranstalter in Zelten übernachten können, Vorträge hören, diskutieren und an Workshops teilnehmen.

Doch während die IAA mit ihrem "Open Space"-Konzept zahlreiche öffentliche Plätze der Innenstadt belegt, ist völlig offen, ob die Aktivisten auf der Theresienwiese zelten dürfen. Auch der Riemer Park und der Siemenspark sind vom Bündnis "Mobilitätswende-Camp" als Standorte vorgeschlagen worden. Doch die Verhandlungen mit dem städtischen Kreisverwaltungsreferat (KVR) ziehen sich hin. Es sei fraglich, ob ein Camp überhaupt vom Versammlungsrecht gedeckt sei, heißt es.

Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle führte im Feriensenat des Stadtrats weitere Gründe an, die die "Kooperationsgespräche" schwierig machten. Die Stadt argumentiert dabei ausgerechnet mit den Protesten gegen die IAA: Eine Großdemonstration und eine Fahrrad-Sternfahrt - beide für den 11. September angemeldet - würden voraussichtlich Zehntausende Teilnehmer zur Theresienwiese führen. Da könnte es schnell zu eng werden, wenn dort auch noch ein Camp steht, so die Argumentation.

Die Veranstalter des Camps wollen das freilich nicht gelten lassen: Man stehe "in engem Austausch mit der IAA-Demo-Orga, weshalb es schon im Vorfeld der Anmeldung eine entsprechende Abstimmung über den Platzbedarf gab". Beide Seiten hätten kein Problem darin gesehen, das Camp trotz Demo und Sternfahrt auf der Theresienwiese unterzubringen.

"Wir fordern die Stadt München auf, auch den Protestierenden angemessen Raum zu geben, nachdem sie der IAA sämtliche öffentliche Flächen in der Innenstadt vom Odeonsplatz bis zum Marienplatz zur Verfügung gestellt hat", sagt Michael Jäger vom Camp-Bündnis. "Das Camp soll allen Menschen ermöglichen, ihre Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wahrnehmen zu können."

Aus Sicht der Organisatoren handelt es sich beim Klimacamp um eine neue Protestform, die sehr wohl von der Versammlungsfreiheit geschützt sei. Die Zeltstadt solle deutlich machen, "was es bedeutet, wenn Flutkatastrophen oder Brände unsere Wohnungen zerstören (...) Unser zivilgesellschaftlicher Protest in Form eines Camps soll als eine andauernde Mahnung verstanden werden". Das Camp solle einen entscheidenden Anlaufpunkt der Klimagerechtigkeitsbewegung bilden, die sich für eine echte Mobilitätswende engagiere.

Deshalb zeigten sich die Organisatoren "irritiert" über die anfänglich zögerliche Haltung des KVR. Die Behörde habe man zunächst "eher als Verhinderin statt als Partnerin zivilgesellschaftlicher Initiativen" wahrgenommen. So habe man für den Siemenspark die Auskunft bekommen, dass es auch dort erhebliche Bedenken gebe, da es sich um ein Landschaftsschutzgebiet handle.

Die Organisatoren, die bei einer endgültigen Ablehnung eine Klage nicht ausschließen ("Wir werden für unseren Raum in der Stadt kämpfen"), zeigten gleichwohl Kooperationsbereitschaft und legten der Stadt weitere Unterlagen wie das vorläufige Camp-Programm, Angaben über Infrastruktur und Personal für die betrieblichen Abläufe und ein Hygienekonzept vor. Außerdem brachten sie vergangene Woche als weitere mögliche Fläche den Riemer Park ins Spiel. Offenbar zeigten die vertrauensbildenden Maßnahmen Wirkung - glauben zumindest die Klimaschützer: "Seitdem haben wir den Eindruck, dass sich das KVR kooperativer verhält und nun versucht wird, konstruktive Gespräche zur Ermöglichung des Camps zu führen."

Die IAA findet vom 7. bis 12. September erstmals in München statt - als Novum auch auf Plätzen der Innenstadt. Zahlreiche Protestaktionen mit bis zu 30 000 Teilnehmern sind dagegen angekündigt.

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Quelle:
SZ vom 16.08.2021
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