Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft:Aus für Abercrombie & Fitch in der Hofstatt

Lesezeit: 2 min

Die amerikanische Modekette gibt ihren Flagship-Store in München auf. Das liegt weniger an den Folgen der Pandemie als an Problemen mit dem Image der Marke.

Von Catherine Hoffmann

"Sex sells" - das war lange das Motto der amerikanischen Modekette Abercrombie & Fitch. Zur Eröffnung der Filiale in der Sendlinger Straße vor acht Jahren präsentierten Männer den Passanten ihre Waschbrettbäuche, die engen Jeans saßen tief auf den Hüften. Heute stehen Schuttcontainer vor dem Geschäft in der Hofstatt, seit ein paar Tagen wird ausgeräumt und Ende Januar für immer zugesperrt. Ende November hatte das Unternehmen bekannt gegeben, dass es einige seiner wichtigsten Flagship-Stores in Europa schließen wird, darunter London, Paris und München.

Der 1892 in New York gegründete Modehändler litt wie viele andere auch unter den Folgen der Corona-Pandemie. Doch die Probleme reichen viel weiter zurück. Wie jede Modemarke, die etwas auf sich hält, verkauft Abercrombie & Fitch nicht nur Kleidung, sondern ein Lebensgefühl. Im Falle der New Yorker Firma war es geprägt von Schönheit, Fitness und Jugend.

Mike Jeffries, bis 2014 Chef von Abercrombie & Fitch, bestimmte lange die Unternehmensstrategie mit Sätzen wie diesem: "Wir wollen die coolen Kids. Viele Menschen haben in unserer Kleidung nichts zu suchen." Die Ausgrenzung gehörte zum Konzept. Junge Frauen, die in Kleidergröße L hineinpassten, fanden in den parfümierten Läden nichts. Und doch - oder gerade deswegen - gelang es einige Zeit, Mode für Jugendliche zu sehr hohen Preisen zu verkaufen.

Der Schriftzug Abercrombie & Fitch, der von vielen Sweatern leuchtete, schien seinen Trägerinnen und Trägern geheimnisvolle Eigenschaften zu übertragen. Und so sah man anfangs auch vor der Filiale in der Sendlinger Straße junge Menschen, die mit Papa oder Oma Schlange standen, die einen zum Shoppen, die anderen zum Zahlen. Doch auf Dauer war die Zielgruppe der Jungen und Schönen zu spitz.

Hinzu kamen immer wieder Schlagzeilen, die nicht zum coolen Image passten. Es gab Rassismusvorwürfe, weil in US-Filialen nahezu ausschließlich Weiße arbeiteten. Das Unternehmen wurde mehrmals verklagt - und verurteilt. Gleichzeitig kursierten Berichte über fragwürdige Arbeitsbedingungen von Näherinnen in Asien. Und so ist der Hype um die Marke längst abgeklungen.

Unabhängig davon, wie passend oder unpassend das Label für die Gegenwart ist, zeigt das Aus in der Hofstatt aber auch, wie schwierig es heute für einzelne Unternehmen ist, teure Flagship-Stores in der Innenstadt zu betreiben, wenn die Passanten fehlen und immer mehr Menschen im Internet einkaufen. Trotz des Lockdowns hat die Hamburger Quantum Immobilien Kapitalanlagegesellschaft, der die Hofstatt gehört, für das rund 3000 Quadratmeter große Ladenlokal von Abercrombie & Fitch bereits einen Nachmieter gefunden. Wer das ist, will sie noch nicht verraten.

Die Fachzeitschrift "Textilwirtschaft" berichtet allerdings aus "gut unterrichteten Kreisen", dass es sich dabei um das US-amerikanische Einrichtungshaus RH handeln könnte, das mehr als 100 sogenannte Galleries in den USA unterhält. RH sieht sich als Profiteur der Corona-Krise, weil die Nachfrage nach Möbeln und Wohnaccessoires gestiegen ist. Eine Sprecherin des Unternehmens wollte sich nicht zu den Plänen äußern.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5185092
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.01.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.