Süddeutsche Zeitung

Streit um neuen Standort:CSU lehnt Umzugspläne für die Großmarkthalle ab

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Wirtschaftsreferent Baumgärtner steht mit dem Vorschlag, eine neue Halle am Stadtrand statt in Sendling zu bauen, in der eigenen Partei alleine da. Kommunalreferentin Frank attestiert ihm indirekt eine Luftnummer.

Von Sebastian Krass

Die Aufregung ist groß bei vielen Menschen in der Stadtpolitik, die sich mit der Zukunft der Großmarkthalle beschäftigen. Insbesondere Kommunalreferentin Kristina Frank ist dem Vernehmen nach stinksauer über Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner, der ihr mit seinem Vorstoß für einen Neubau des Großmarkts am Stadtrand in die Parade gefahren ist - und das offenbar ohne Vorwarnung. Frank setzt sich seit Langem dafür ein, dass ein privater Investor auf dem Stammgelände an der Schäftlarnstraße einen neuen Großmarkt baut und die Stadt das Grundstück dafür im Erbbaurecht abtritt. Gerade ist eine europaweite Ausschreibung abgeschlossen.

Auf den Vorschlag ihres CSU-Parteikollegen reagiert Frank nun mit einem in der Wortwahl dezenten Gegenschlag, der aber Baumgärtner indirekt eine Luftnummer attestiert: Sie werde "dem Stadtrat kommende Woche in Abstimmung mit dem Planungsreferat eine sowohl belastbare als auch fundierte und besonnene Entscheidungsempfehlung vorlegen", lässt Frank über eine Sprecherin ausrichten.

Auch für Manuel Pretzl, den Fraktionschef von CSU/Freien Wählern, ist es eine knifflige Situation. Seine CSU hat die Investorenlösung mit auf den Weg gebracht, und sie stellt nur noch zwei aus der vergangenen Wahlperiode verbliebene Referenten: Frank und Baumgärtner, die sich nun bei einer der größten kommunalpolitischen Entscheidungen der nächsten Zeit uneinig sind. Pretzl aber steht mit der Fraktion an der Seite Franks. "Wir halten am Projekt Großmarkthalle wie geplant fest. Der Stadtrat soll aus unserer Sicht nächste Woche die weiteren Schritte beschließen." Mit seinem Vorschlag steht Baumgärtner derzeit also in der eigenen Partei allein.

Formal liegt die Zuständigkeit für den Gr0ßmarkt ohnehin in Franks Kommunalreferat. Wirtschaftsreferent Baumgärtner begründete seinen Vorstoß mit der Sorge um den Verbleib der Händler in der Stadt und damit um den Wirtschaftsstandort und die Gewerbesteuereinnahmen. Baumgärtner warnte im Gespräch mit Süddeutscher Zeitung und Immobilien-Zeitung, dass das Investorenprojekt, das vermutlich auf eine Kombination des Großmarkts mit einer anderen Nutzung in einem Gebäudekomplex hinauslaufen wird, wegen seiner Komplexität erhebliche Risiken berge. So sei unklar, ob der neue Großmarkt tatsächlich wie geplant bis 2030 fertig werden kann und ob sich angesichts der Baukosten die versprochenen moderaten Mieten für die Händler halten lassen. Angesichts der schon bestehenden Unzufriedenheit in großen Teilen der Händlerschaft befürchtet Baumgärtner, dass ein Konkurrenz-Standort außerhalb der Stadtgrenzen ins Spiel kommt.

Interessant sind die Reaktionen aus der grün-roten Rathauskoalition, die Baumgärtner zwar nicht zur Seite springt, sich aber Hintertüren offenlässt. "Bei der Entwicklung des Großmarktareals darf es keine Denkverbote geben", sagt Kathrin Abele, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von SPD/Volt. "Der nun präsentierte Vorschlag ist aber sehr unkonkret, und eine Umsiedlung an den Stadtrand wurde schon geprüft."

Tatsächlich haben Kommunal- und Planungsreferat gemeinsam erklärt, eine Ende 2020 erfolgte Prüfung privater und öffentlicher Flächen habe ergeben, "dass es keine alternativen unmittelbar verfügbaren Standorte für die Großmarkthalle gibt". Eine Auskunft, die zumindest die Frage offenlässt, ob in Zukunft Flächen zu akquirieren wären. Baumgärtner hat angekündigt, die Frage selbst noch einmal prüfen zu lassen - was wiederum im Kommunal- und im Planungsreferat als Einmischung verstanden werden könnte.

Kathrin Abele von der SPD richtet den Fokus nun zunächst auf die nächste Woche. "Wir wollen die bestmögliche Lösung und werden daher zunächst die Ausschreibung abwarten, damit wir eine fundierte Diskussionsgrundlage haben." Ähnlich äußert sich Anna Hanusch von der Fraktion Grüne/Rosa Liste, deren Mitglieder die Investorenlösung skeptisch sehen und noch an der Idee hängen, die Stadt könne den neuen Großmarkt in Sendling selbst bauen. "Ich weiß nicht, warum Herr Baumgärtner seinen tollen Vorschlag jetzt macht, wobei er ja nicht mal wirklich einen Vorschlag hat", sagt Hanusch. Auch ihre Fraktion werde sich nach der Präsentation der Ausschreibungsergebnisse noch einmal mit dem Thema befassen. Sie betont aber, der Prozess sei bewusst so gestaltet, dass die Stadt sich noch vom Investorenmodell verabschieden könne.

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