Süddeutsche Zeitung

Wirtshaus Fesch:Griabig und queer

Lesezeit: 2 min

Das Fesch hat im Glockenbachviertel das Moro abgelöst. Das neue Wirtshaus ist ein Ort für alle, die gerne zünftig Bier trinken, aber gut auf die Ewiggestrigen verzichten können.

Von Jacqueline Lang

Bayerische Wirtshäuser, das sind Orte, wo Kultur und Brauchtum hochgehalten werden. Es sind aber auch viel zu oft Orte, an denen sich Frauen, Personen mit sichtbarer Migrationsgeschichte oder queere Menschen nicht immer sicher fühlen. Etwa weil irgendein Bierdimpfl meint, nur weil er seit jeher einen Platz am Stammtisch hat, interessiere seine Meinung. Wie gut also, dass es neuerdings in München eine Adresse für all jene gibt, die zwar gerne zünftig Bier trinken wollen, aber gut und gerne auf die Ewiggestrigen verzichten können.

Das Fesch, so schreiben es die Betreibenden - im Übrigen mit Clubs wie dem legendären und seit kurzem geschlossenen Harry Klein keine Unbekannten im Münchner Nachtleben - selbst auf ihrer Homepage, ist ein "queeres, bayer­isches Wirts­haus mit Stehausschank" und befindet sich, wen wird es wundern, mitten im Glockenbachviertel. Genauer gesagt: Dort, wo einst das Moro war, an der Müllerstraße / Ecke Fraunhoferstraße.

Die Einrichtung ist eine Mischung aus modern und traditionell und so treffen alte Holzstatuen und geschnitzte Vertäfelungen ganz ohne Berührungsangst auf Pfauentapeten und gelbe Orchideen. Die Übergänge aus Alt und Neu sind dabei so fließend wie die zwischen dem bestuhlten Restaurantbereich und dem Stehausschank im hinteren Teil der Wirtschaft.

Die Goaßnhalbe steht als Longdrink auf der Karte

Ausgeschenkt wird Augustiner Bier - wie unschwer zu erkennen ist an dem leuchtend blauen Schriftzug, der an zwei Seiten über dem Eingang prangt. Und wie es sich für ein richtiges Wirtshaus gehört, werden neben Hellem (4,30 Euro im Wirtshaus, 3,90 Euro im Stehausschank) auch Edelstoff, Pils und dunkles Bier vom Fass gezapft, dazu stehen unterschiedliche Weißbiersorten aus der Flasche auf der Karte und auch noch ein ganz besonderes Schmankerl: Unter den Longdrinks findet man nämlich sogar eine Goaßnhalbe (9,50 Euro). Die Mischung aus Cola, dunklem Bier und Kirschlikör mag für manche neu und im ersten Moment ungewohnt sein, aber hey, warum nicht öfter mal was Neues probieren?

Ob man nun lieber ein Bier vom Fass, einen Longdrink oder doch ein Gläschen Wein trinkt, im Fesch sind alle willkommen. Auch, ob man nun queer oder nicht-queer ist, ist hier im Prinzip völlig egal. Hauptsache: Leben und leben lassen. Und das ist doch nun wirklich der Inbegriff der bayerischen Gemütlichkeit. Da macht es auch nichts, dass die Holztische vermutlich noch ein paar Jahre brauchen werden, bis sie so schön speckig sind, wie es sich für ein griabiges Wirtshaus gehört.

Fesch - Wirtshaus und Stehausschank , Müllerstraße 30, 80469 München, Telefon: 089/23002992, Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 17 bis 1 Uhr, Freitag und Samstag 17 bis 2 Uhr, Sonntag von 17 bis 24 Uhr, Küche von 18 bis 22 Uhr.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5914929
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.