Süddeutsche Zeitung

Gentrifizierung:Selbst in Neuperlach "logiert" man bereits

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Immobilienberater haben die Preise für Neubauwohnungen untersucht. Viele Objekte kosten inzwischen 8500 Euro pro Quadratmeter und mehr, nach oben gibt es kaum Grenzen.

Von Anna Hoben

Zum Beispiel in Neuperlach. Niemand, der über sehr viel Geld verfügt und erwägt, es in eine weitere Immobilie in München zu investieren, sollte davor zurückschrecken, dies in Neuperlach zu tun, einem Stadtteil, der bisher nicht als, sagen wir, der glamouröseste galt. Mehr als 50 Jahre nach dem Bau der sogenannten Entlastungsstadt könnte man Neuperlach nun offiziell für gentrifizierungsbereit erklären.

Das erkennt man am Namen des Neubauprojekts, das gerade an jenem Ort entsteht, der jahrzehntelang als öde Parkfläche an der Fritz-Erler-Straße dahindämmerte und irgendwann ein richtiges Stadtteilzentrum sein soll: Kulturquadrat nennt es sich, und wer dort einzieht, wohnt laut Webseite des Bauträgers BHB nicht in einer Wohnung, sondern in einer "Loge". Ein "privilegiertes Wohnerlebnis umgeben von urbaner Vielfalt" soll es sein, und privilegiert sind auch die Preise. 7700 Euro kosten die Wohnungen im ersten Bauabschnitt, der "Loge No 1", im Durchschnitt pro Quadratmeter, 8000 Euro die Wohnungen in der "Loge No 2". Für eine halbe Million Euro gibt es zum Beispiel zweieinhalb Zimmer mit 66 Quadratmetern.

Dennoch zählt das Kulturquadrat in Neuperlach damit zu den günstigeren Neubauprojekten in München. Das zeigt eine Studie der Immobilienberatung Bulwiengesa. Die Experten haben dafür zum ersten Mal aktuelle Bauprojekte mit Eigentumswohnungen im gesamten Stadtgebiet untersucht: 116 Projekte, insgesamt etwa 7600 Wohnungen. Demnach liegt der nach Wohnfläche gewichtete Durchschnittspreis bei 9500 Euro pro Quadratmeter, der Mittelwert der durchschnittlichen Kaufpreise beträgt 9700 Euro pro Quadratmeter.

Die Hälfte der Projekte liegt in der Preisklasse über 8500 Euro pro Quadratmeter. Ein Projekt wurde berücksichtigt, wenn es ein Neubau oder eine Sanierung auf Neubauniveau ist, wenn es ganz oder teilweise zehn oder mehr frei finanzierte Eigentumswohnungen umfasst, wenn es sich konkret in Planung oder im Bau befindet oder in diesem Jahr bereits fertiggestellt wurde, und wenn die geplanten Eigentumswohnungen bereits vermarktet werden.

Der Markt für Eigentumswohnungen zeige sich weiter wachsend, heißt es in der Studie. Am stärksten vertreten sind kleine Projekte mit bis zu 19 Wohnungen, große mit mehr als 100 Wohnungen entstehen vor allem außerhalb des Mittleren Rings. Zum Stichtag Ende März befanden sich 4500 Wohnungen in Bau, 1100 wurden im ersten Quartal bereits fertiggestellt. 2000 waren in Planung.

Am meisten wird im Stadtbezirk Pasing-Obermenzing gebaut, am wenigsten in Ramersdorf. Wer in München eine Wohnung kaufen will, wird ab 5500 Euro pro Quadratmeter am Stadtrand fündig. Nach oben gibt es kaum Grenzen. Die 17 Luxuswohnungen im "Fallmerayerhof II" in Schwabing kosten im Durchschnitt 20 300 Euro pro Quadratmeter. Für etwas mehr als das Doppelte bekäme man im sächsischen Görlitz eine sanierte Vier-Zimmer-Wohnung.

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SZ vom 24.05.2019
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