Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:Der Tag, an dem nicht nur die Schüler streiken

Lesezeit: 2 min

Von Jakob Wetzel, München

Es ist der dritte große internationale Streiktag von "Fridays for Future": An diesem Freitag hat die Klimaschutz-Bewegung in weltweit 80 Ländern zum Streik aufgerufen. Alleine in Deutschland sind Aktionen in aktuell mehr als 400 Städten geplant. Dabei sollen diesmal nicht nur Schülerinnen und Schüler den Unterricht boykottieren, sondern auch Arbeitnehmer ihre Büros. In München beginnt die Kundgebung mittags auf dem Königsplatz. Nach einem Demonstrationszug über die Brienner, die Ludwig- und die Theresienstraße ist dann von 14 bis 16 Uhr auf dem Königsplatz die Abschlusskundgebung geplant. Angemeldet sind 10 000 Teilnehmer; er sei aber überzeugt, dass diese Zahl übertroffen werde, sagt Paul Schermer von "Fridays for Future". Der Streik solle der bisher größte in München werden.

Die Schulen reagieren unterschiedlich. Von einigen wie etwa dem Rupprecht- oder dem Maria-Theresia-Gymnasium ist zu hören, am Freitag sei regulär Unterricht. Das Max-Planck-Gymnasium fährt auf Schulausflug, so wie jedes Schuljahr am Ende der zweiten Schulwoche.

An einigen Schulen gebe es dagegen Lehrer, die zum Beispiel im Ethik-Unterricht Exkursionen zur Demonstration planten, sagt Elena Balthesen von "Fridays for Future". Und wiederum andere Schulen haben sich ganz auf den Streiktag eingestellt. Das Maximiliansgymnasium zum Beispiel verbindet seinen Wandertag mit dem Klimaschutz. Es stehe den Lehrern frei, den Ausflug mittags am Königsplatz enden zu lassen, sagt der stellvertretende Schulleiter Thomas Bednar. Drei oder vier Klassen hätten bereits Interesse gezeigt.

Das städtische Willi-Graf-Gymnasium und das städtische Sophie-Scholl-Gymnasium planen für Freitag gar einen eigenen Aktionstag. Für die zusammen etwa 1500 Schüler gibt es Projekte zum Klimaschutz sowie eine Podiumsdiskussion mit Fachleuten und Politikern wie dem Landtagsabgeordneten Martin Huber (CSU) und der OB-Kandidatin der Grünen Katrin Habenschaden. Motto ist "Sophie & Willi for Future". Um 11.30 Uhr sei dann Schluss, sagt Dominik Blanz, Schulleiter des Willi-Graf-Gymnasiums. So sei noch Zeit, um zum Königsplatz zu gehen. Er gehe davon aus, dass einige Schüler und Lehrer diese Chance nutzen; schließlich sei die Initiative zum Aktionstag im Kollegium entstanden.

Vorbereitungen für den Freitag treffen auch Firmen. Mehr als 200 Unternehmen und Vereine haben sich bei dem Bündnis "München muss handeln" als Unterstützer des Streiks registrieren lassen, darunter etwa der Ökobetrieb Herrmannsdorfer Landwerkstätten. Sie würden vor allem mit Werbung helfen, erklärt Geschäftsleiter Mathias Stinglwagner. Außerdem hätten sie angeboten, Pausenbrote für die Demonstranten bereitzustellen. Und die Mitarbeiter könnten auch zur Kundgebung gehen, solange die Filialen öffnen können.

Das Technologie-Unternehmen Vispiron Engineering legt dagegen Betriebsruhe ein. "Wir müssen ein Zeichen setzen", sagt Geschäftsführer Amir Roughani. "Wann, wenn nicht jetzt, und wer, wenn nicht wir? Die Politik muss verstehen, dass der Protest für den Klimaschutz nicht nur von Schülern kommt." Der Großteil seiner etwa 300 Mitarbeiter in München werde deshalb zur Kundgebung gehen. Dabei war die treibende Kraft offenbar der Chef: Manche Mitarbeiter hätten lieber arbeiten wollen, wegen dringender Projekte, sagt Roughani. Da habe es intern durchaus Diskussionen gegeben. Am Ende einigten sie sich auf eine Notbesetzung.

Für die großen Arbeitgeber ist Freitag freilich ein normaler Werktag. Die Mitarbeiter könnten gerne freinehmen oder ihre Gleitzeit nutzen, sagt zum Beispiel eine Sprecherin von BMW. Unentschuldigt fehlen dürften sie wegen der Demonstration aber nicht. Ähnlich äußert sich das Personalreferat der Stadt. Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, erklärt, Arbeitnehmer könnten Urlaub nehmen oder Überstunden abbauen, "wenn das Bedürfnis der freien politischen Willensäußerung in die Arbeitszeit fällt".

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Quelle:
SZ vom 17.09.2019
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