Süddeutsche Zeitung

Erzdiözese München und Freising:Caritas macht Millionenverlust

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Mit reichlich Verspätung präsentiert der Wohlfahrtsverband seine Bilanz für das Geschäftsjahr 2022. Grund für die Verzögerung sei ein Cyberangriff - der auch enorme Kosten verursacht habe.

Von Anne Eberhard

Krieg und Inflation, Armut und Wohnungsnot, Corona-Nachwirkungen und ein Cyberangriff: Das Jahr 2022 war kein leichtes für den Caritasverband der Erzdiözese München und Freising. Mit fünf Monaten Verspätung hat der Verband am Montag die Bilanz des vergangenen Jahres vorgestellt - und das Ergebnis ist schlecht.

Dass der Bericht erst im Dezember vorgestellt wurde, lag an den Folgen eines Cyberangriffs im September 2022, der die digitale Infrastruktur der Caritas lahmlegte. Diese wieder aufzubauen habe der Organisation Kraft abverlangt, sagt Vorstand Thomas Schwarz. "Dazu war viel Aufwand nötig, das wird deutlich am negativen Jahresergebnis 2022 sichtbar." Rund 23 Millionen Euro fehlten dem Verband in diesem Geschäftsjahr. Allein 18 Millionen Euro wurden für Rückstellungen im Zusammenhang mit dem Cyberangriff gebildet, etwa um Investitionen in neue Hardware und Infrastruktur zu ermöglichen. Hinzu kamen Kostensteigerungen vor allem für Energie, Wasser, Brennstoffe und Lebensmittel. Der Verlust kann durch das Eigenkapital des Verbands gedeckt werden.

Sorgen bereitet den Verbandsmitgliedern zudem der Personalmangel im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe und in den stationären Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe. Kündige eine Fachkraft, könne die Stelle oft mehrere Monate lang nicht nachbesetzt werden. Trotz der steigenden Nachfrage könnten so nicht alle offenen Pflegeplätze belegt werden, sagt Vorständin Gabriele Stark-Angermeier.

Im Juli trat deshalb ein flexibleres Personalbemessungsverfahren des Bundes für die Langzeitpflege in Kraft. Es soll den Bedarf an Fachkräften für jede Einrichtung individuell ermitteln. Leben in einem Heim viele Bewohner mit einem hohen Pflegegrad, können so mehr Fachkräfte eingesetzt werden als in einer Einrichtung mit weniger pflegebedürftigen Personen. Dort können hingegen mehr Helfer mit ein- oder zweijähriger Ausbildung sowie angelernte Kräfte tätig werden. "Letztendlich geht es darum, die wenigen Fachkräfte, die wir zur Verfügung haben, gezielt einzusetzen", erklärt Michaela Stern, Heimleiterin des Caritas-Altenheims St. Franziskus.

Allerdings: Auch Pflegehelfer seien schwierig zu finden, zudem bedeute das neue Gesetz einen enormen Organisationsaufwand für die Einrichtungen. Um die Regelung des Bundes adäquat umzusetzen, müsse außerdem der Freistaat mitziehen, sagt Vorständin Stark-Angermeier. Das Land sieht nach wie vor eine Fachkraftquote von 50 Prozent vor, deren Einhaltung wird streng überwacht. "Hier besteht dringender Nachbesserungsbedarf seitens des Freistaats", sagt Stark-Angermeier.

Ende 2022 waren beim Caritasverband 9914 Personen beschäftigt, davon 2896 im Bereich Altenheime. Damit es noch mehr werden, müssten ausländische Pflegefachabschlüsse schneller anerkannt und Pflegeberufe mehr wertgeschätzt werden, sagt Stark-Angermeier. In der öffentlichen Debatte tauche der Beruf zudem meist im Zusammenhang mit Missständen auf. "Dabei ist Pflege, der Dienst am Menschen, sehr erfüllend und abwechslungsreich", sagt die Vorständin.

Neben dem Personalmangel bereitet dem Caritasverband auch die zunehmende Armut in der Bevölkerung Sorgen. Die anhaltend steigenden Kosten für Wohnen, Lebensmittel und Energie bedrohten die Existenz Bedürftiger und Geringverdiener, verunsicherten mittlerweile aber auch Menschen der Mittelschicht. Enorm gestiegene Baukosten und Zinssätze verringerten außerdem die Investitionstätigkeiten in der Sozialbranche.

Trotz der widrigen Bedingungen könne der Caritasverband aber unbelastet in die Zukunft gehen, sagt Vorstand Thomas Schwarz. Die IT-Sicherheit sei nun verbessert und die Infrastruktur modernisiert worden. Für die Jahre 2023 und 2024 rechne man wieder mit einer positiven Bilanz und Überschüssen im einstelligen Millionenbereich.

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